Banteay Srey – Hoch-Zeit in der wunderschönen „Zitadelle der Frauen“

Eingang zur „Zitadelle der Frauen“ – der Tempel von Bateay Srey (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Kambodscha ist noch immer eines der ärmeren Länder mit einem durchschnittlichen Monatseinkommen von etwa 120 Euro pro Person. Am schönsten Tag im Leben aber soll Geld keine Hauptrolle spielen, selbst wenn es nicht vorhanden ist. Denn eine Hochzeit ist das wichtigste Ereignis im Leben der Kambodschaner. Und da 35 Prozent der 16,9 Millionen Einwohner zwischen 15 und 35 Jahren jung sind, vergeht kaum ein Tag ohne Eheschließung. Kleidung, Catering, Blumenschmuck und vieles mehr belasten vor allem das Konto des Gatten, weswegen er selbst auf den feierlichsten Fotos ausschaut, als wäre er gerade lieber ganz woanders, in Alaska zum Beispiel.

Was gibt es hier zu feiern? (Videoschnitt: Moritz Linnhoff)

Wie in vielen asiatischen Ländern, so werden auch im Land der Khmer die „Hochzeitsbilder“ bereits Wochen vor dem Ja-Wort geschossen, damit sie am großen Tag bereits die Besucher erfreuen können. In der Angkor-Region der Provinz Siem Reap gibt es viele wunderschöne Tempel, pittoresk und an eine glorreiche Vergangenheit erinnernd; die fantastische Anlage Angkor Wat ist nicht die einzige, die als Hintergrundmotiv für die Fotos lockt. Der Tempel Banteay Srey ist bei den Einheimischen sehr beliebt, auf Khmer wird er ប្រាសាទបន្ទាយស្រី, geschrieben, wie man`s spricht, aber das nur nebenbei.

Das Interesse der Verwandtschaft hält sich in Grenzen (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Banteay Srey heißt übersetzt „Zitadelle der Frauen“ oder auch „Zitadelle der Schönheit“; die Tempelruine wird beiden Bezeichnungen gerecht. Sie liegt 28 Kilometer nordöstlich der Stadt Siem Reap, wie immer buchten wir ein remork für unsere Tour, eine Art Tuktuk, ein Motorrad mit Anhänger, und natürlich den umwerfenden Guide San Sokkay. Marion und Lisa, Freundinnen aus Deutschland, waren ebenfalls mit von der Landpartie im Nordwesten Kambodschas.

Fotos Faszination Fernost/B. Linnhoff

Hindu-Tempel aus dem 10. Jahrhundert

Banteay Srey ist ein hinduistischer Tempel und einer der schönsten der Provinz. Nicht mehr komplett, aber doch gut erhalten. Er wurde während der Regentschaft von Rajendravarman II. (944–968) zu Ehren des Gottes Shiva errichtet und 967 eingeweiht. Im Inneren der Gebäude verwendeten die Erbauer hochwertigen rosa Sandstein aus der Umgebung, der eine besonders detaillierte Ornamentik zulässt, so die Experten. Weswegen fast alle Wände der Bauten im Tempelareal mit einem außergewöhnlich feinen Reliefdekor glänzen.

Zu den zahlreichen Darstellungen aus der hinduistischen Mythologie, insbesondere aus dem Ramayana-Epos, gehören auch die Tempelwächter mit Affenköpfen auf Menschenleibern.

1914 wurde Banteay Srey durch Zufall von französischen Archäologen wiederentdeckt. Henri Marchal und sein Team restaurierten die fast vollständig zerfallenen Überbleibsel von 1931 bis 1936 in mühevoller Kleinarbeit. Seit 2004 wird der Tempel mit finanzieller Unterstützung der Schweiz restauriert. In den letzten Jahren haben ihn auch die TouristInnen aus aller Welt für sich entdeckt. Was besonders die Mitglieder der Kapelle freut, die mit tradtionellen Klängen Spenden zugunsten der Landminenopfer einspielen wollen. Einige der Musiker sind selbst Opfer der Minen geworden, die es noch immer reichlich gibt im Land – dem Terrorregime der Roten Khmer unter Pol Pot galten die Sprengkörper als „perfekte Soldaten“, soviel Zynismus muss sein.

Der Bräutigam denkt an die Zukunft

Müssen wir den Bräutigam bedauern? Schon bei den Aufnahmen in Banteay Srey, Wochen vor der Hochzeit, denkt er weniger an seine Zukünftige als an die Zukunft. Familie, Freunde und Bekannte erwarten, dass er alles gibt am schönsten Tag des Lebens. Danach wird er vielleicht damit beschäftigt sein, die Schulden zurückzuzahlen, die er den Feierlichkeiten verdankt. Doch auch manche Hochzeitsgäste wären glücklicher, wäre der Kelch einer Einladung an ihnen vorübergegangen. Denn es ist üblich, dem Brautpaar einen Umschlag mit Barem zu schenken. 20 Dollar sollten es schon sein (der US-Dollar ist die offizielle Parallelwährung zum einheimischen Riel). 20 Bucks – das ist für manche Familien auch heute noch ein kleines Vermögen.

Alle Fotos: Faszination Fernost/B. Linnhoff