Stellt eure Uhren um 60 Jahre zurück
Draußen steht eine Telefonzelle, wie sie den Älteren noch in Erinnerung ist. Erst nach der Eingabe eines fünfstelligen Codes öffnet sich die Tür zur Bar. Mehr wird nicht verraten. Das originelle Prozedere passt zu dieser ungewöhnlichen Tränke.
Um die Jahrtausendwende war ich einige Male in Kuba, meinem Freund und Kuba-Aficionado Siggi sei Dank. Havanna, Santiago de Cuba, Camaguey, Trinidad, Santa Lucia, Isla de la Juventud: unvergesslich. Will ich heute kubanische Karibik erleben, gehe ich in Bangkok in die Sukhumvit Soi 11. Dort, in einer kleinen Sackgasse gegenüber dem Hotel Fraser Suites, steht das Havana Social.
Ein Fleckchen Kuba natürlich nur, aber so stimmig in Design und Atmosphäre, dass ich für eine Stunde oder besser zwei Bangkok hinter mir lasse und Thailand gleich mit. Party im Erdgeschoss, im ersten Stock eine Wein- und Zigarrenbar. Der Laden entführt uns ins vorrevolutionäre Kuba der Vierziger und Fünfziger Jahre.
Video: Groove Guide Bangkok
Es ist ziemlich dunkel hier, vielleicht gehört zum Konzept ja auch ein simulierter Stromausfall wie in Havannas Altstadt. “Papa” Hemingway an der Wand, kaltes Bier, Humidore und an der Bar Mojitos, Cuba Libre und andere Liebeserklärungen an kubanischen Rum. Hier trinkt der Gast in Klischees.
Der Laden ist noch jung, doch er steht auf den Schultern einer langen Tradition. Vor dem Einzug der Revolutionäre Fidel Castro und “Che” Guevara Anfang Januar 1959 war Kubas Hauptstadt der Vergnügungspark der USA. Eine Kapitale der Dekadenz. (Filmtipp: “Havanna” mit Robert Redford und Lena Olin).
Unter General Batista regierte die amerikanische Mafia. Glückspiel, Drogen- und Waffenhandel, Geldwäsche, Prostitution. Lucky Luciano, Santo Trafficante, dazu Meyer Lansky von der jüdischen “Kosher Nostra”. Namen, die man singen konnte und lukrative Geschäftszweige, wie man sie in Bangkok nicht findet, wie mir kürzlich ein Bekannter versicherte, der noch nie in der Stadt war.
John F. Kennedy besuchte Havanna gerne, Marlon Brando auch. In der Bar La Floridita erfand Hemingway den Daiquiri; links vom Tresen steht nach wie vor seine Bronzestatue; Salud: So kann jeder Gast mit ihm auf bessere Zeiten anstoßen. Im Hotel “Ambos Mundos”, ein paar Meter weiter hoch in der Calle Obispo, soll Hemingway den Roman “Wem die Stunde schlägt” geschrieben haben. Im Zimmer 511 dürfen Touristen heute seine Schreibmaschine bestaunen, darin ein Stück Papier. Eine Glashaube schirmt das Schreibgerät ab, damit niemand auf Papas Spuren tippt.
Foto links: Bangkok und Kuba: Sonnige Plätze für schattige Charaktere.
Gegenüber von Havannas berühmten Nachtclub Tropicana stand in den Fünfzigern eine kleine Bar, Havana Social hieß sie. Dort mischten sich untere und obere Mittelschicht mit den Reichen und den Aristokraten. Bis Fidel auf der Szene erschien, dann war Schluss mit lustig. Nun geht es, mit etwas Verspätung, in Bangkok weiter.
DJs befeuern am Wochenende die Latin Dance Parties: Salsa, Son, Latin Jazz, afro-kubanische Klänge, House. Rhythmen, die unter Umgehung des Hirns direkt in die Beine sausen und ins Blut. Ein Fest des Lebens. Der große Compay Segundo vom Buena Vista Social Club lächelte, wenn er die geschmeidigen Hüften der Salsa-Paare kommentierte: “Man weiß ja, wohin das führt.”
Wir wünschen der Bar Havana Social mehr Glück als dem “Hemingway`s”. Der Schriftsteller war zwar nie in Bangkok, doch er gab einem Restaurant den Namen. Es war wunderschön und profitabel und wurde 2016 abgerissen, um einem weiteren Hotel Platz zu machen. Bangkok vernichtet seine Ikonen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Nämlich diese hier:
Hemingway`s in Bangkok: Papa ist tot
Eine andere Latino-Bar in Bangkok:
Die Bilder wirken sehr einladend. Das erste Bild könnte glatt für die Homepage der Bar sein. Da du schön länger dort bist, nehme ich an, dass es für dich auch willkommene Abwechslung ist. Viel Spaß im kommenden “Winter” noch :)
Gerade ist Bangkok wieder zur meistbesuchten Stadt der Welt erklärt worden (https://www.travelbook.de/news/bangkok-auf-platz-1-die-20-meistbesuchten-staedte-der-welt). Dafür gibt es Gründe – es ist eine Weltstadt. Laut, offensiv, die reine Vielfalt. Ich liebe diese Stadt, auch wenn ich nicht mehr dort wohne. Natürlich steht nun der Winter vor der Tür; im Dezember kann es bei Temperaturen um 15 oder gar 12 Grad schon mal saukalt werden – die Wohnungen haben ja keine Heizung. Aber die Woche werden wir schon überstehen!
Sehr schön geschrieben. Man bekommt auf einen Fernost Blog, die Laune nach Kuba zu fliegen! Ich nehme an, dass dieses Lokal eine erfrischende Abwechslung ist. Gibt es noch mehr solche “Ausstecher”?
Hallo Jans, danke erst einmal für dein positives Feedback! Es gibt sicherlich noch einige Ausstecher dieser Art. Aber seit ich in Chiang Mai wohne und nicht mehr in Bangkok, habe ich nicht mehr soviel Zeit, sie zu entdecken. Über einige schräge Lokale habe ich bereits geschrieben, sie sind allerdings nicht alle in Bangkok beheimatet. Wenn du auf der Homepage des Blogs bei den Tags “Essen+Trinken” anklickst, findest du diese ausgefallenen Wasserlöcher. Herzliche Grüße, Bernd
Super das du mich aufmerksam gemacht hast auf die “Tags” zu sehen, ich hab das noch nie gemacht und bemerkt wie praktisch das ist. Ja da sind ein paar coole Tipps! Genieße das gute Wetter dort drüben und viele Grüße von hier.
Danke, Monika!