Erinnerungen an die Zukunft
Es war sicherlich eines der schönsten Lokale und einer der beliebtesten Treffpunkte der thailändischen Hauptstadt. Seit Ende 2016 gibt es das “Hemingway`s” nicht mehr. Es wurde platt gewalzt, weil ein Investor dort ein Hotel bauen wollte. An Hotels ist Bangkok wahrlich nicht arm, an kolonialen, wunderschönen Bauten schon eher.
Im Gegensatz zum Hemingway`s wird meine Geschichte in diesem Blog nicht gelöscht. Sie erinnert an ein Bangkok, das seine Ikonen noch schätzte und nicht leichtfertig zerstörte. Indiz für eine gesichtslose, von Apartmenthochhäusern, Hotels und Profitdenken dominierte Zukunft?
Meine Story: Komm zu Papa
Bevor er sich mit seiner Lieblingsflinte erschoss, war Ernest “Papa” Hemingway rastlos unterwegs. Er flanierte auf den zeitlos-romantischen Boulevards von Paris, lief mit den Stieren durch die Gassen Pamplonas. Jagte Nashörner in der Serengeti, berichtete vom Spanischen Bürgerkrieg. Und schlürfte Mojitos und Daiquiris in Havannas Cocktail-Arenen “La Bodeguita del Medio” und “El Floridita”, wo sich die Touristen noch heute mit Papas Statue fotografieren lassen.
In Bangkok war der Reporter, Schriftsteller und Großwildjäger nie. Doch sein unruhiger Geist wabert durch die diversen Stockwerke und verschachtelten Räume eines tropischen Herrenhauses. Einst diente es ausländischen Diplomaten als feudale Residenz, inmitten der Kanäle im “Venedig des Fernen Ostens”. Die Wasserwege sind längst betoniert, das Herrenhaus blieb an seinem Platz in der Soi 14, einem schmalen Seitenweg der Sukhumvit Road, und es nannte sich irgendwann: Hemingway`s.
Jeder Raum erinnerte an Orte, an denen Hemingway lebte oder häufig zu Gast war: Havana Bar, Safari Sports Bar, Spanish Garden, Key West Café. Kubanische Zigarren wurden auf dem Cigar Deck geraucht, Red Snapper auf dem Marlin Boulevard serviert.
Die Getränkekarte umfasste etwa 20 Weine, acht davon auch by the glass. Dazu Longdrinks wie die recht schmutzigen Tanqueray Martinis sowie Bier, das verlässlich auf minus zwei Grad heruntergekühlt wurde und so für ein paar Minuten die tropische Wärme konterte.
Hin und wieder schlichen sich fast schon ausgelöschte Klänge ins Gehör. Louis` Armstrongs krächzendes Organ etwa oder Benny Morés golden oldies aus Kuba. Doch die Menschen, die im Hemingway`s eine weitere Nacht in Bangkok einläuteten, waren keine Nostalgiker. Vielmehr quicklebendige Zeitgenossen, Kreative, Journalisten, Geschäftsleute after work, Expats, Reisende, Einheimische. Die Atmosphäre war, wie fast überall in Bangkok, völlig entspannt und unprätentiös.
Papa Ernest hätte es gefallen in “seinem” Lokal – auch deshalb, weil dort die in Bangkok lebenden US-Autoren ihr Lieblingsthema diskutierten: “Bangkok Noir”, die dunkleren Seiten dieser pulsierenden Metropole.
Das neue Hemingway`s
Wir wollen nicht zu tief in Nostalgie versinken. Das Hemingways wurde neu aufgebaut, in der Sukhumvit Soi 11, einer der nachtaktiven Straßen Bangkoks. Es liegt nicht mehr so schön abgelegen wie zuvor, doch die Menschen haben den Nachfolger angenommen. Und die BesucherInnen, die das alte Hemingway
s gar nicht kannten. finden das neue außergewöhnlich.