In Deutschland war ich ein Playboy-Leser der ersten Stunde. Fünf Mark kostete die Nummer 1 im August 1972. Und obwohl mir die deutschen 1970er Jahre im Rückblick deutlich liberaler vorkommen als die politisch korrekte Gegenwart, erschien das Magazin zum Start mit einem vergleichsweise braven Cover. Vielleicht wollte man nicht mit der nackten Tür ins deutsche Haus fallen.
Das erste Heft präsentierte die Mischung, mit der der smarte Verleger Hugh Hefner schon 1953 das Publikum in den prüden USA aufgemischt und erobert hatte. Herausragende Autoren und Autorinnen, fantastische Interviews und schöne Frauen, knapp oder gar nicht bekleidet. Wenn nun, ein halbes Jahrhundert später, mein Buch “Thailand unter der Haut” im deutschen Playboy mit einer feinen Rezension bedacht wird, freue ich mich als Autor im Hier und Jetzt, als Leser bade ich in Nostalgie.
“Alles, was Männern Spaß macht”, lautete 1972 der Slogan, der dieser Tage mit einem Shitstorm vom Titel gefegt würde. Wer, wie ich, damals in einer Beziehung lebte, wurde auch von der tolerantesten Partnerin mit Blicken bedacht, die den Spaß am Heft schmälern konnten. Zumindest kurzfristig. Die meisten Männer nannten als Kaufargument die hervorragenden Texte und Interviews, was den Tatsachen entsprach, im Zeitungsladen jedoch stets mit einem verständnisvollen Zwinkern gewürdigt und von den Partnerinnen als willkommenes Feigenblatt interpretiert wurde. Deren Unbehagen entsprang weniger ihrer Prüderie als vielmehr dem Druck, sich jeden Monat neu am aufklappbaren Ideal perfekter weiblicher Körper messen zu lassen. Ein Freund beendete die manchmal auch stumm-anklagend geführte Diskussion mit dem lächelnd vorgetragenen Satz: “Mach dir keine Sorgen, Schatz, ich schau mir nur die Bilder an!”
Ich erinnere mich an Interviews mit Muhammad Ali, Norman Mailer, Paul Newman, John Lennon oder Niki Lauda. An Gespräche, die über mehrere Seiten liefen und auch dank der bestens präparierten Journalisten/Interviewer unterhaltsamer und aufschlussreicher waren als Interviews in anderen Medien.
Bruce Springsteen wurde schon Mitte der Siebzigerjahre als “Zukunft des Rock” porträtiert; in der November-Ausgabe 1972 fragte der Playboy: “Wieviel verdient Paul Breitner am Fußball?” Die Antwort ist mir entfallen, aber es wird ein Bruchteil dessen gewesen sein, was Paul heute verdienen könnte.
Auch die Cartoons trugen zum Erfolg des Magazins bei. Wenngleich man hoffen darf, dass der Humor seit den Siebzigern erwachsener geworden ist (und ich auch).
In einer der ersten Ausgaben fragte der Playboy seine Leser (und die paar Leserinnen damals): „Was ist Kunst?“ Das hätte ich auch gerne gewusst. Eine der zahlreichen Antworten lautete: „Kunst ist Flitzkacke an den Nagel gehängt.“ Dann sah ich die Definition, die mir bis heute am besten gefällt: „Kunst ist nur als Kunst Kunst. Alles andere ist alles andere.“ Wer darüber nachdenken will, kann hier gerne eine Pause machen.
Marilyn Monroe auf dem allerersten Playboy-Cover
Der Start des US-Playboys 1953 mit Marilyn Monroe auf dem Titel war ein großer Erfolg. Später hieß es, die Schauspielerin hätte nie ihr Einverständnis gegeben. Die Bilder waren bereits 1949 vom Fotografen Tom Kelly aufgenommen worden; auf Wunsch der Monroe musste die Ehefrau des Fotografen beim Shooting dabeisein, damit nichts Unangemessenes passieren konnte. Das Honorar für die Protagonistin betrug 50 Dollar. Marilyn Monroe litt unter Geldnot, ihr Durchbruch als Schauspielerin war noch weit entfernt. Ein Sammler zahlte später für die “Monroe-Ausgabe” 32000 US-Dollar – ein gebrauchtes Exemplar der deutschen Erstausgabe von 1972 wird heute auf Amazon für 269,99 Euro angeboten.
In seinem Anwesen Playboy Mansion war Hugh “Hef” Hefner stets von meist blonden Bunnies (Häschen) umgeben und immer auch von Prominenz (Foto rechts: Hefner mit dem jungen Arnold Schwarzenegger und Basketballstar Wilt Chamberlain). Hefner starb 2017. Ab Januar 2017 erschien der Playboy in den USA zweimonatlich und ab Januar 2019 vierteljährlich. Im März 2020 wurde die Einstellung des Magazins in den USA bekanntgegeben.
Seit 2019 bestimmen Florian Boitin und Myriam Karsch mit ihrer Münchener Kouneli Media GmbH die Geschicke der Marke ‘Playboy’ in Deutschland, Österreich und der Schweiz. “Das gilt für Print, Digital und die Live-Marken-Erlebnisse”, so Geschäftsführerin Karsch. Chefredakteur Boitin setzt weiterhin auf “preisgekrönte Textqualität und hohem ästhetischen Anspruch in den Fotoproduktionen”. Der Slogan heißt nun, leicht abgewandelt “Alles, was Männer lieben”. Der Titel der aktuellen Ausgabe (und dieses Beitrags) zeigt Sarah Hannemann, bekannt aus diversen deutschen TV-Serien. Aus rein persönlichen Gründen gefällt mir der Buchtipp noch besser als das Cover.
Reminiszenz
Wie das Leben so spielen kann: herzlichen Glückwunsch zur Empfehlung deines Buches im Playboy. Ein schöner Anlass für deine sehr vergnügliche und informative Geschichte zur Zeitschrift. Und für mich eine sehr interessant geschriebene Erinnerung. Ich wusste nicht, dass es den Playboy noch gibt.