Biken im Königreich – Nagelsmanns Wörterbuch – Thailands Sex-Erbe der GIs – Das Bild der Woche

So langsam frage ich mich, ob Thailand das Land für ausländische Touristen gerade öffnet oder doch eher schließt. Täglich sehe ich auf Facebook, wie sich Menschen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz auf ihr Sehnsuchtsziel freuen wie Kinder. Doch vor ihren Trip hat Thailands Regierung ein bürokratisches Gestrüpp gepflanzt, dem nur mit einer Machete beizukommen ist. Oder mit guter Laune und endloser Geduld.

Das Schweizer Online-Reisemagazin travelnews.ch bat mich um die Einschätzung des künftigen Tourismus` in Thailand: Hier das Interview zum Eiertanz zwischen Druck und Vorsicht.

Charming Chiang Mai

Mit der Kampagne „Charming Chiang Mai“ werben die Touristiker meines Wohnortes um Gäste. Während im Land die Zahl der Neuinfektionen zurückgeht (heute werden 8452 Fälle gemeldet), steigt die Quote in Chiang Mai. Wir wohnen nicht weit vom Stadttor Chiang Mai Gate, dort steht der Markt, auf dem wir gerne einkaufen. Nach 106 Neuinfektionen an einem Tag wurde er gestern für zwei Wochen geschlossen. Wahrscheinlich wird die Öffnung für TouristInnen von November auf Dezember verschoben.

Chuwit und das Sex-Erbe der amerikanischen GIs

Chuwit Kamolwisit machte ein Vermögen mit Massagen und war zeitweise der Dorn im Fleische der thailändischen Politik. Nun sprach er gewohnt offen über Seifenmassagen und das „Erbe der Sex-Kultur“, das die US-Soldaten zu Zeiten des Vietnamskriegs hinterlassen hätten, wenn sie zur Erholung in Thailand ausspannten. Chuwit erwähnt nicht, dass die Saat der Sex-Kultur schon im alten Siam gelegt wurde, lange bevor GIs oder ausländische Gäste ins Land kamen. 

Ohne Knautschzone: Motorradfahren in Thailand

Mit 65 Jahren habe ich in Chiang Mai meinen Motorrad-Führerschein gemacht. Thailand verzeichnet die weltweit höchste Zahl tödlicher Motorradunfälle. Diesem Report zufolge liegt das vornehmlich an den schlechten Straßen im Königreich. Doch Fahren unter Alkoholeinfluss und überhöhte Geschwindigkeit sind nach meiner Erfahrung deutlich häufiger beteiligt. Ergänzt dadurch, dass Thais das Übertreten von Verkehrsregeln nicht tadeln, sondern ausdrücklich befürworten.

Für alle Biker, die es interessiert: ich habe mal eine Übersicht über das Motorradfahren in Südostasien zusammengestellt.

Der Nagelsmann der Woche

Die Süddeutsche Zeitung hat ein Wörterbuch spezieller Nagelsmann-Termini zusammengestellt, um der Leserschaft Formulierungen wie etwa halblinker Achterraum zu erläutern. Leider steht das höchst amüsante Wörterbuch hinter der Bezahlschranke (nicht für mich, ich bin Abonnent). Mir gefiel besonders die Erklärung des Begriffs Quer:

„Passrichtung, die bei Nagelsmann auf dem Index steht. Schon im ersten Training in Befehlsform präsentiert („nie auf der Sechs quer anspielen!“). Bevorzugte Pass-Arten: schnell, steil, diagonal, genau.“

Es hat sich etwas geändert: Mannschaften, die heute erfolgreich sein wollen, spielen schnell nach vorne. Auf den Müll mit Ballbesitz und Ballgeschiebe. Ich bin weder Bayern-Fan noch -Gegner, aber ich sehe sehr gerne ihren attraktiven, unterhaltsamen Fußball. 

Buchtipps:

Stephan Klemm: Die Nacht von Sevilla. Ein deutsch-französisches Fußballdrama. Verlag Eriks Buchregal. 192 Seiten. 24,90 Euro. Besprechung in der FAZ.

Volker Struth: Meine Spielzüge. Vom Arbeiterkind zum erfolgreichsten Spielerberater. Piper-Verlag, 22,00 Euro.

Die Unschuldigen der Woche

John Grisham hat mit seinen Justizthrillern 275 Millionen Bücher in 42 Sprachen verkauft. Als Rechtsanwalt war er Teil des amerikanischen Justizsystems, dessen Fehler er gerne ins Visier nimmt. Neben dem Schreiben engagiert er sich für das Innocence Project, das sich um möglicherweise unschuldig Verurteilte kümmert. In einem Interview mit der New York Times, das vielleicht zu lang ist, um Schlagzeilen zu machen, nennt er schockierende Zahlen. Demnach sitzen derzeit Zehntausende unschuldig in US-Gefängnissen ein. Mit DNA-Tests erreichte das Innocence Project bisher 375 Entlassungen, fünf der Befreiten waren zum Tode verurteilt.

Idee der Woche

Seit etwa 45 Jahren bin ich Mitglied im WWF (World Wide Fund for Nature). Der WWF scheut weder Kleinarbeit noch das Bohren dicker Bretter. Seine MitarbeiterInnen wissen, dass sie nur in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung Erfolg haben kann. Der WWF arbeitet an Lösungen an, wo manche Organisation nur Forderungen offeriert.

Nun verknüpft die Organisation, auf der Höhe der Zeit, erstmals das Thema Naturschutz mit Kunst und Blockchaintechnologie. Mit  „Non-Fungible Tokens“, kurz NFTs, die aktuell den Kunstmarkt revolutionieren. Sie stellen einzigartige virtuelle Sammlerstücke dar, die nicht austauschbar sind – genau wie die bedrohten Tiere. Zehn internationale KünstlerInnen kreieren von zehn gefährdeten Tierarten inspirierte Kunstwerke. Mit diesen „NFAs: Non-Fungible Animals“ ermöglicht der WWF Deutschland die Rettung echter Tiere mit virtueller Kunst. Die Anzahl der Werke ist auf die Anzahl der noch lebenden Exemplare der jeweiligen Tierart limitiert.

Zitat der Woche

„Natürlich nutze auch ich die sozialen Medien. Aber ich lese keine Kommentarspalten. Nie. Warum sollte ich diesen wütenden, tobenden Trollen, die nur Hass spucken, irgendeine Form von Aufmerksamkeit schenken? Die sollen ohne mich durchdrehen. Das ist meine persönliche Firewall, um nicht den Glauben an die Menschheit zu verlieren. In einer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft sollte jeder verdammt nochmal sagen dürfen, was er will – aber niemand ist deshalb verpflichtet, sich das Gesabbel dann auch anzuhören, auch meins nicht.“

Jamie Lee Curtis, Schauspielerin, die auch im jüngsten Halloween-Film wieder die Kinozuschauer anschreit.

Das Bild der Woche

Rüdiger Schrader, einst Fotochef von stern und Focus und Freund seit gemeinsamen dpa-Tagen, hört genau hin, wenn der Berg ruft. Und wenn der früh ruft, steht Rüdiger auch früh auf. Morgens um 7:03 war er oben über Sölden, um dieses fantastische Bild zu schießen.

„Das sieht aus wie der Stern von Bethlehem über der Krippe“, kommentierte Facebook-User Thomas Bienert, „jetzt hast du schon das Motiv für deine Weihnachtskarte.“

Herzliche Grüße aus Chiang Mai,

Khun Ben

Zum Abschied ein Perscheid