Teil 1: Vom Opium zur braunen Bohne: Eine Erfolgsstory

Teil 2: Die besten Cafés in Chiang Mai: City und Umgebung

Teil 3: Die besten Cafés in Chiang Mai: Altstadt

Titelbild: Happy Coffee

Vom Opium zur braunen Bohne: Eine Erfolgsstory

Vor wenigen Jahrzehnten Jahren noch blühte im Norden Thailands der Schlafmohn. Opium war gleichbedeutend mit Sucht und hohem Proft. Heute wird (unter anderem) Kaffee angebaut in der Region, Thailand zählt inzwischen zu den 25 Top-Kaffeeproduzenten der Welt. Kaffee ist in Chiang Mai mittlerweile mehr als ein Getränk. Blogs, Magazine, Fans und ExpertInnen in den sozialen Medien beschäftigen sich mit der braunen Bohne. Dabei war es noch vor 15 Jahren keineswegs einfach, in der Stadt eine Tasse Kaffee zu bekommen, die nicht auf Nescafé-Pulver oder ähnlichen Instant-Substanzen basierte – es sei denn, man war Gast in einem der besten Hotels.

Dass ich morgens trotz notorisch niedrigem Blutdruck auch ohne Führungsoffizier einen Weg in den Tag finde, verdanke ich einer großen Tasse Dark Roast (Arabica), organisch angebaut und handgepflückt von Angehörigen des Lahu-Bergvolks auf der Pumuen Plantage. Zum Filtern nehme ich deutlich weniger Pulver als empfohlen, da eine zu starke Dröhnung meine Magenwand perforiert. In den Cafés von Chiang Mai hingegen, wo ich die Menge nicht selbst bestimmen kann, ist manche Mischung nur am Geschmack von einem Herzschrittmacher zu unterscheiden. Zumindest für mich.

Es gibt die schöne Frage: Wann hast du zuletzt etwas zum ersten Mal gemacht?

Ich habe in der Café-Bar Graph im Nimman-Viertel einen Breaking Brown getrunken. Eine Kreation aus kalt gebrühtem Kaffeegelee, Mandelmilch, on top laut Beschreibung ein “großartiger” (was sonst) Espresso. Was aber ist Kaffeegelee/Coffee Jelly? Der oder das wird aus gesüßtem Kaffee hergestellt, dem Agar zugesetzt wird, eine gallertartige Substanz aus Algen, die auf Japanisch Kanten genannt wird, was uns sehr entgegenkommt. Anstelle von Agar kann auch aus Gelatine zum Einsatz kommen.

Heute gilt Chiang Mai den Koffein-Aficionados als Kaffee-Hauptstadt Südostasiens, was angesichts der Kaffee-Kulturen in Vietnam oder Indonesien ein mutiges Urteil darstellt. Dass Chiang Mai jedoch die Kaffee-Kapitale Thaiands ist, wird niemand ernsthaft bezweifeln. Auch diesen Titel bekommt man nicht geschenkt. Dafür sorgt die die Qualität des braunen Gesöffs, es gibt zahlreiche Geschmacksrichtungen und die Baristas malen Tiere oder Flugzeuge in den Schaum eines Cappuccinos. Es ist ein Wunder, dass der einfache schwarze Kaffee überlebt hat. Vermutlich nur deshalb, weil er in Thailand Americano heißt und nach weiter Welt duftet.

2023 fand die World Tea&Coffee Expo in Chiang Mai statt, ein Gütesiegel mehr für den Stellenwert des lokalen und regionalen Gebräus. Akha Ama, Ristr8to, Wawee, Doi Chaang – diese Namen und Marken kennt jeder in der Stadt, das waren und bleiben die Pioniere. Als ich das letzte Mal die Website Restaurant Guru anklickte, meldete die für Chiang Mai 4281 Cafés. Die Schülerin Wanta Ramanat weiß auch warum: „Wenn du in Chiang Mai keinen Job hast, machst du ein Café auf”, erklärte sie im lokalen Magazin Chiangmai Citylife. Auch in den Nachbarorten Hang Dong, Doi Saket, Mae Rim, San Kamphaeng, Hong Noi oder Saraphi kommt der Kaffee-Liebhaber auf seine Kosten.

Zu den Anfängen der Kaffee-Historie Nordthailands gehören auch Zutaten wie Drogenabhängigkeit, Armut, Abholzung der Wälder. Die positive Entwicklung ist nicht denkbar ohne einen hart arbeitenden Königs mit einer Vision, um seinem Volk zu helfen. Genauso wichtig waren der Glaube an ein völlig fremdes Produkt, wachsender Wohlstand, Bildung, Hoffnung und die Überwindung vieler Hindernisse.

König Bhumibol besucht seine Landsleute im Norden

Die populärste Theorie schreibt die Anfänge König Bhumibol zu, der die Bauern im Norden mit einem royalen Projekt dazu animierte, Kaffee anzubauen statt Opium. Trotz der immensen Popularität des Landesvaters zögerten die Farmer, auf die Pflanze umzusteigen, nur weil sie ein besseres Image hatte und gesünder war. Der langsame Ernterhythmus – drei bis fünf Jahre – und die Ungewissheit über den möglichen Profit weckten Zweifel. Erst deutlich später gewann das Projekt an Fahrt.

Viele junge Thais kamen im Ausland auf den Geschmack, kehrten nach dem Studium oder nach Reisen zurück in die Heimat und erwähnten das Getränk in den sozialen Medien. Zeitgleich stieg die Zahl der Touristen und mit ihnen das Bedürfnis, auch in der Fremde den gewohnten Kaffee zu konsumieren. Aus dem Trend wurde ein Hype und heute ist das Gesöff allgegenwärtig. Je mehr Cafés in der Stadt aufmachen, desto größer wird der Druck, beste Qualität anzubieten.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Es gibt weltweit einige Städte, denen Kaffee in die DNA eingeschrieben ist. Wien, Seattle, Melbourne etwa. Und Länder, die exzellenten Kaffee produzieren, Äthiopien, Brasilien, Jamaika zum Beispiel. Chiang Mai gehört zur kleinen Gruppe jener Orte wie Addis Abeba, Sao Paulo, Bogota, deren Standort in unmittelbarer Nähe der Berge liegt, wo die Bohnen auch angebaut und geerntet werden. In Nordthailand sind es die Sorten Robusta und (in kleinen Mengen) hochwertige Arabica-Bohnen.

You never drink alone (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

In meiner persönlichen Kaffee-Vita gab es den einen Moment, das ist nun auch schon einige Zeit her, als ich den Anschluss an die zeitgenössischen Kaffee-Trinker verlor: ich hörte zum ersten Mal den Ausdruck „Coffee to go“. Für mich, der ich in kleinen, gemütlichen Cafés in Deutschland, aber auch hin und wieder in den wunderbaren Kaffeehäusern von Wien, Prag oder Budapest sozialisiert wurde, war das ein veritabler Kulturschock und das Signal, dass inzwischen auch der Kaffeegenuss den Gesetzen von Tempo und Effizienz unterliegt.

Café im Hotel Peninsula, Hongkong (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Der Café-Boom in Thailand und Asien aber spricht dafür, dass Kaffee weiterhin bevorzugt im Sitzen getrunken wird und nicht im Gehen. Offen bleibt die Frage, in welche Richtung sich das Design der Läden entwickeln wird. Haben die klassischen Cafés wie das im Hongkonger Peninsula-Hotel ihre Zukunft hinter sich? Wird der Minimalismus einer Café-Bar wie Graph die Richtung angeben?

Alte Schule: Für mich bedeutet Kaffee gleichermaßen Genuss und Notwendigkeit, verbunden mit der Muße zum Lesen der Tageszeitung, in meinem Fall der Bangkok Post. Cafés sind für mich keine Absatzmärkte für Heißgetränke, sondern Tempel, aus denen der geräuschvolle Leerlauf der Welt verbannt bleibt.

Die Folgen der Pandemie

Fact Café (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Zwei Jahre Pandemie haben die gastronomische Landschaft Chiang Mais verändert. Viele Cafés haben die Strecke ohne Einnahmen nicht überlebt, darunter zu meinem Leidwesen auch das Fact-Café in der Altstadt, andere sind neu im Geschäft.

In den besten Cafés meines Wohnortes trifft das Menü nicht nur meinen Geschmack, sondern auch den inzwischen ausufernden aller Altersklassen: Caramel Macchiato, Es-Yen, Mocha, Dirty Latte, Cold Brew Almond Latte, um nur einige Mischungen zu nennen. “Medium Roast washed process” kann auch ein Kriterium sein. Sowieso.

Bei meinen Recherchen habe ich bewusst auf Ketten wie Starbucks, Amazon oder Coffee Club verzichtet, auch sie sind natürlich in Chiang Mai am Start. Ich versuche, auf Reisen und auch an meinem Wohnsitz lokale Anbieter und Lokale zu unterstützen.

Teil 2: Die besten Cafés in Chiang Mai: City und Umgebung