Mal gucken, was die Makaken machen
Er fertigt Personalausweise für Affen, notiert dort ihre individuellen Charaktereigenschaften. Er ist Wissenschaftler und er macht nichts anderes als weltberühmte Kolleginnen: Seit fünfzig Jahren lebt Wolf Dittus unter Affen und studiert ihr Familienleben, ihre Strategien, ihren Lebensraum. Doch im Gegensatz zu Jane Goodall oder der verstorbenen Diane Fossey forscht der gebürtige Berliner Dittus unter dem Radar öffentlicher Wahrnehmung.
Vielleicht hat er sich die falschen Affen ausgesucht. Gegen Goodalls Schimpansen und Fosseys Berggorillas können Hutaffen nicht anstinken. Sie sehen einfach nicht so gut aus, sind den Menschen nicht so vertraut wie Schimpansen und nicht so rar und auf sanfte Art bedrohlich wie Berggorillas. Wir müssen uns jedoch um Dittus nicht sorgen – er hat nichts gegen eine interessierte Öffentlichkeit, aber er sucht sie auch nicht. Und die Experten stellen ihn eh auf eine Stufe mit den berühmteren Kolleginnen.
Tierbeobachtung ist morgens!
Aufstehen um 5 Uhr. Wir wollen erleben, wenn der Ceylon-Hutaffe vom elfstündigen Schlaf in den Bäumen erwacht und zu Boden geht. Elefantenmann Bodo Förster ist ebenfalls mit von der Partie – seinem Kontakt zu Dittus verdanken wir diesen außergewöhnlichen Morgen auf Sri Lanka.
Die Hutaffen gehören zur Spezies der Makaken. Sie haben sich an ihren ständigen Beobachter gewöhnt, wovon auch wir profitieren. Die Tiere lassen sich weder von uns stören noch von gelegentlichem Motorenlärm. Ihr turbulenter Alltag spielt auf kulturhistorischem Gelände. In der „Heiligen Stadt“ Polonnaruwa, in den Ruinen der einstigen Kapitale Ceylons, heute Weltkulturerbe der Unesco.
Uns Naturbanausen aber erinnert die Szenerie vor allem ans Dschungelbuch.
Wolf Dittus hat das Leben von mehr als 4500 Affen begleitet, von der Geburt bis zum Tod. Grundlage der intensivsten Langzeitstudie, die je von Primaten erstellt wurde. Eine ähnlich lange Studie gibt es nur von Hanuman-Languren. Die wiederum teilen sich den Lebensraum mit den Hutaffen, so dass der Autor der Studie kein anderer sein kann als – Wolf Dittus. Hier hat ein Biologe und Verhaltensforscher seine Bestimmung gefunden; Führungen wie die mit uns zählen zu den Ausnahmen seines fokussierten Gelehrtenlebens. So sehen wir nicht nur Hutaffen aus nächster Nähe, sondern auch die schlanken Languren.
Alle Languren-Fotos: Claude Hambeck
Wolf Dittus wurde schon bald nach seiner Geburt 1943 von Berlin in den Schwarzwald verfrachtet, des Krieges wegen. Von dort verschlug es ihn als jungen Mann erst nach Kanada und dann nach Sri Lanka, dort lebt er noch heute. An diesem Morgen serviert er uns seine Informationen und Beobachtungen mit oft lakonischem Humor.
Schließlich lädt er uns ein in sein Haus; seine ceylonesische Frau empfängt uns mit Tee, Gebäck und strahlendem Lächeln. Zum Abschluss zeigen uns die Dittus` den Film „Monkey Kingdom“ von Disneynature (2015, 81 Minuten). Gedreht über drei Jahre in Polonnaruwa – dort, wo wir gerade Makaken gucken waren; Kosten des Films: 15 Millionen US-Dollar. In der deutschsprachigen Version („Das Reich der Affen“) gibt es den Streifen inzwischen auch auf DVD/Blu-Ray.
„Als Biologe“, sagt Wolf Dittus, der die Dreharbeiten in „seinem“ Reich als Berater begleitete, „wünscht man sich ja etwas mehr Realismus. Aber Disney ist nun mal Disney.“ So steht am Ende eine Mischung aus Doku und Spielfilm. Eine Geschichte, die es in dieser Form in der Natur nie gäbe. Wir lassen uns dennoch verzaubern von anrührenden Bildern. Schaut euch den Trailer an und dazu die Szenen rund um die Dreharbeiten, in denen auch Wolf Dittus und Jane Goodall auftauchen.
Beitragsbild: Smithsonian Science
Videos: Bernd Linnhoff, Youtube (2)
Fotos: Claude Hambeck, Faszination Fernost/B. Linnhoff