Molly Wood, eine Kolumnistin der New York Times (nicht zu verwechseln mit Holly Wood), schrieb dieser Tage: “Wie die Charaktere in einer Geschichte von Edgar Allan Poe, so harren jetzt viele aus auf kleinem Raum, dazu gezwungen, über ihre Existenz nachzudenken, über den Tod und die eigenen satanischen Impulse.“
So schlimm ist es bei mir noch nicht, aber am elften von 14 Tagen der erzwungenen Privatquarantäne möchte ich doch das Haus mal wieder verlassen. Am Samstag wird es so weit sein. Dann ist auch die erste Thaimasssage wieder möglich, nach drei Monaten des Verbots. Thailand öffnet sich, einige Provinzen und Strände zeigen wieder Leben, aber europäische Ausländer bleiben noch bis weit in den Herbst hinein außen vor.
Im Bild: Thapae Gate, das Zentrum von Chiang Mai (Foto: John Fengler)
Was haben uns Soziologen, Philosophen, Psychologen und andere Romantiker nicht davon vorgeschwärmt, wie sehr die Coronakrise die Chance bietet, unser Leben und unsere Bedürfnisse zu überdenken. Beispiel:
Dies ist eine Zeit des Experiments. Eines der wesentlichen Merkmale unserer Gesellschaft ist, dass wir eine Konsumgesellschaft geworden sind. Unsere Wirtschaft fußt auf stetig wachsendem Konsum. Das hat die Grundlage geschaffen für unseren enormen Wohlstand. Es hat aber auch die Grundlage geschaffen für unsere enormen Zweifel. Immer mehr Menschen fragen: Brauchen wir das wirklich alles? Trägt das zum Glücklichsein bei? Zerstören wir unseren Planeten? Viele Menschen stellen ausgerechnet jetzt fest, dass wir viele Dinge gar nicht brauchen für unser Leben. Soviel von unserem Konsum basiert darauf, dass wir respektiert werden wollen, wir wollen gemocht, bewundert, geschätzt und anerkannt werden von eigentlich Fremden.
Sind die Menschen wirklich bereit, eingeschliffene Gewohnheiten zu ändern, ihr Bewusstsein gar? Voraussetzung dafür scheint mir, dass für eine Änderung erst einmal Bewusstsein vorhanden sein muss.
Abstand halten
Schauen wir uns die Welt kurz an: In den USA haben Millionen Bewusstlose 2016 einen der ihren zum Häuptling gewählt. Der ist, nicht überraschend, auf dem besten Weg, seinem stolzen Land nicht nur mehr als 100000 Corona-Tote zu ermöglichen, sondern es so stark zu spalten, dass ein Bürgerkrieg droht. Das nenne ich konsequent. „Trump war der erste Kandidat, der nicht für die Präsidentschaft kandidierte, sondern für eine Alleinherrschaft. Und er gewann“, sagt die Schriftstellerin Masha Gessen.
Corona kommt Hongkong gerade recht
Wie andere autoritäte Regierungen, so verschärften auch die Chinesen ihre Big-Brother-is-watching-you-Aktivitäten und verschleierten sie mit medizinischer Vorsorge. Erstmals seit drei Jahrzehnten darf in Hongkong nicht der Opfer der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 in China gedacht werden. Die Organisatoren erhielten keine Genehmigung. Die Polizei begründete dies mit den geltenden Abstandsregelungen im Kampf gegen das Coronavirus und einer «größeren Gefahr für die allgemeine Gesundheit».
China ist gerade dabei, sich auf der Basis eines neuen Gesetzes Hongkong einzuverleiben. Das interessiert mich schon deshalb, weil ich noch 2018 mit meiner Frau dort war und gerne wieder hin möchte.