Titelfoto: Frederico Balboa
Eine historische und architektonische Ikone
Der neue, moderne Hauptbahnhofs Krung Thep Aphiwat Central Terminal im Stadtteil Bang Sue wird in absehbarer Zeit eröffnet, das Schicksal des alten Bahnhofs Hua Lamphong ist ungewisser denn je. Wie viele alte Asien-Hasen trauere auch ich schon jetzt um den sentimentalen Ort Hua Lamphong, Ausgangspunkt und Endstation so vieler Reisen im Königreich. Vorerst bleibt er für Kurzstrecken intakt.
Fotos: Faszination Fernost/B. Linnhoff (11), John Fengler (1)
Schon jetzt verabschieden sich die Bangkokians vorsichtshalber von ihrem geliebten Bahnhof. Sie besuchen ihn vor allem dann, wenn Ausstellungen mit alten Lokomotiven und Waggons die Nostalgie anheizen. Auch mich, den leidenschaftlichen Bahnfahrer, wehten nostalgische Gefühle an, als ich durch einige der alten Wagen wanderte, darunter den Prestige genannten VIP-Wagen mit Leder und Holz und Mikrofonen für eventuelle Konferenzen.
Dann kam ich an der alten Hock-Toilette vorbei, wie sie in ganz Thailand lange Zeit Oberschenkel- und Beckenmuskulatur stärkte. Da dachte ich, dass auch die Moderne ihre Vorteile hat.
Verliert Bangkok einen weiteren architektonischen Schatz?
Thailands Hauptstadt ist dabei, ein weiteren historisches und architektonisches Schmuckstück zu verlieren. Vor mehr als hundert Jahren, im Jahr 2010, verließ der Architekt Mario Tamagno auf Geheiß der Regierung Siams und auf Wunsch des populären thailändischen Königs Chulalongkorn (Rama V) seine Heimstadt Turin, um Bangkoks asiatischem Look ein paar europäische Elemente hinzuzufügen. Sechs Jahr währte die Bauzeit des im italienischen Neo-Renaissance-Stil konziperten Bahnhofs, dessen Design auch vom Frankfurter Hauptbahnhof inspiriert wurde. Am 25. Juni 2016 erfolgte die Eröffnung.
In vielen Städten weltweit sind Regierungen und Bewohner stolz auf ihre historischen Bahnhöfe. Sie investieren Zeit, Mühe und Geld in den Erhalt der alten Gebäude, weil sie ihren Standorten einen ideellen Wert und Schönheit vermitteln und Teil ihrer Identität sind. Auch für die Bangkoker ist ihr alter Bahnhof zweifelsfrei ein Aushängeschild der Stadt und eigentlich unzerstörbar. Selbst Lego würdigte die Station mit einem eigenen Bausatz. Noch aber wird über den Erhalt des Originals diskutiert.
Das Grundstück zählt zu den immobilen Filetstücken Bangkoks und könnte helfen, mit kreativer Bebauung (lies: Einkaufszentrum) die hohen Schulden des Eigentümers State Railway of Thailand ein wenig zu reduzieren.
Im Land sind schon viele alte Bahnhöfe dem Erdboden gleichgemacht worden. “Thailands Staatliche Eisenbahn stellt kein Budget für die Erhaltung des alten Bahnhofs bereit”, schreibt die Bangkok Post, “es gibt keinen Plan zur Konservierung des Kulturerbes. Es mangelt an Fachkräften, Fachkenntnissen und Arbeitskräften für den Denkmalschutz. Es gibt kaum öffentliche Informationen, öffentliche Diskussionen oder öffentliches Engagement in Bezug auf dieses Erbe.”
Einmal Rundschnitt an Gleis 12: Auch den wird es künftig nicht mehr geben, den preiswerten, Ratz-Fatz-Haarschnitt vor Antritt der Reise.
Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff
Joe Cummings schrieb 1981 den ersten Thailand-Reiseführer für Lonley Planet. Der Amerikaner lebt nach wie vor in Bangkok und wurde von der BBC zum Ende Hua Lamphongs interviewt. Auch er kann nicht fassen, wie Thailands Hauptstadt mit ihrem kulturellem Vermächtnis umgeht.
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