Im Reich der Staub-Sauger
Ohne Augen, Nase, Mund sieht auch der Erleuchtete nur aus wie ein Lego-Soldat nach verlorener Schlacht. Doch dann schlägt die Stunde der Kunst, die Stunde des Handwerks. Die Stunde der Männer, die mit jedem Atemzug Staub saugen, um Buddha ein Gesicht zu geben. Für welchen Lohn: Gutes Karma? Staublunge?
Kleine Buddhas könnten wir kaufen als Souvenir, die größeren stehen irgendwann in Pagoden, Klöstern, Tempeln und schauen gütig auf die Gläubigen hinab.
In Mandalays Straße der Marmorschleifer ist jeder Besucher willkommen, auch der, der ganz genau hinschaut, so wie ich, und auch noch die Kamera zückt, wenn die Männer den Nacken glattschleifen.
Die Statuen des Erleuchteten dominieren diese zwei, drei Straßen in Mandalay, aber wir sehen auch Löwen, Elefanten und Feldherren hoch zu Ross. Aus Marmor gehauen und geschliffen, einem Stein, der so hart ist wie schön. “Saygin” lautet die Bezeichnung für Marmor in Myanmar. Weil er von den Sagyin-Hügeln stammt nahe Mandalay. Von reinem Weiß bis Graublau ist jede Nuance vertreten.
Die Buddha-Statuen im ehemaligen Burma schauen noch jünger und liebevoller drein als ihre Ebenbilder in Thailand oder Laos. Kleine Locken bedecken den Kopf, darunter ein breites Stirnband. Das Gewand birgt viele Falten und Schnörkel oft. Und leuchtet golden, wenn sich das Werk der Vollendung nähert. Dann sehe ich den Buddha, den ich kenne. Den gütigen, gelassenen. Das Geheimnis ist gelüftet. Die Faszination bleibt.
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