We were borne before the wind
Also younger than the sun
Ere the bonnie boat was won
As we sailed into the mystic
Hark, now hear the sailors cry
Smell the sea and feel the sky
Let your soul and spirit fly into the mystic
Van Morrison (Into the mystique, Album “Moondance”)
Ehe ich an meine sprachliche Armutsgrenze stoße, leihe ich mir lieber einen Barden aus. Let your soul and spirit fly into the mystic. Van Morrison war mit an Bord, als Soundtrack.
Sechs magische Tage auf See liegen hinter mir, mit der Meta IV im Mergui-Archipel, in der Andamanen-See im Süden Myanmars. “Die Schönheit wird die Welt retten”, sagt Fürst Myschkin bei Dostojewski. Wäre schön.
Bewegte Bilder auf reisereporter.de
Meine Tage auf See habe ich bereits geschildert. Multimedial, auf reisereporter.de. Das “Storytelling”-Format des Reisereporters gewährt die großzügige, ja opulente Darstellung ungewöhnlicher Trips (mit den Infos über Anreise, Veranstalter etc.; die Videos starten mit kleiner Verzögerung):
Bootstrip in Myanmar: Zurück in die alte Welt
Bei diesen Worten, Bildern und Videos könnte ich es belassen. Doch zu viele Eindrücke, Bilder, Videos blieben ungenutzt und bewegen mich noch immer.
Es war erhellend: So also sieht die Welt aus, bevor der Mensch in seiner grenzenlosen Einfalt Hand anlegt. Wir sahen Inseln im Archipel, die noch nie jemand betreten hat. Der Lohn der amtlichen Abschottung, erst 1997 von Myanmars Regierung minimal gelockert: Reichhaltige Fauna und Flora. Unberührte Natur. Nun ja. Fast. Dynamitfischen zerstörte viele Korallenriffe.
2013: Shangri-La für Burma Boating
2013 segelte der deutsche Anwalt Christoph Schwanitz mit Freunden auf der Meta IV durch den Mergui-Archipel: “Es gab keine Infrastruktur, keine Städte, keine Straßen, nichts – eine abgeschiedene Inselwelt wie ein maritimes Shangri-La. Keiner von uns hatte so etwas je vorher gesehen.”
Mit Schwanitz an Bord war Janis Vougioukas, Asien-Korrespondent des “stern”: “Gleich nach der Rückkehr fingen wir an, die Webseite zu bauen; einen Monat später ging Burma Boating an den Start. Zuerst war es wirklich ein Spaßprojekt, doch wurde uns schnell klar, dass wir in unserem Archipel eine echte Marktlücke besetzt hatten.”
Von Chiang Mai über Bangkok nach Rayong
Meine Anreise von Chiang Mai über Bangkok nach Rayong im Südwesten Thailands war kurz, verglichen mit meinen künftigen Reisegefährten. Benjamin und Saskia trafen via Phuket aus Shanghai ein, dem Wohnort des schwäbischen Pärchens. Michelle kam aus der Provence über Marseille, Paris, Bangkok nach Rayong und war immer noch fit. Mikrobiologe Micheál (Ire) und seine Frau Giusy (Italienerin) leben in Singapur. Beide wurden dort kurz zuvor von einem chinesischen Priester katholischen Glaubens getraut und in die Flitterwochen entlassen.
Überraschung Ranong
Bis zu diesem ersten Besuch im Mai 2017 war Ranong eine der wenigen thailändischen Städte, von denen ich so gut wie nichts wusste. Ich kam ohne Erwartungshaltung und war dennoch außerordentlich überrascht von der Stadt und ihrer Umgebung, von den Restaurants und Hotels. Die Qualität der Angebote sowie die Infrastruktur erlauben den Schluss, dass sich der Grenzverkehr mit dem nahe liegenden Myanmar lohnt – Stichwort Freihandelszone.
Zudem ist Ranong Ausgangspunkt für Urlaub auf einigen verlockenden Inseln in der Andamanen-See wie Koh Phayam oder Koh Chang (nicht zu verwechseln mit dem Namensvetter im Golf von Thailand).
In nur zwei Tagen habe ich in Ranong fünf Unterkünfte selbst aufgesucht. Das lag vor allem daran, dass ich ein von mir gebuchtes Hotel nicht in Anspruch nahm und zwei weitere ausgebucht waren.
Die Nacht war bereits angebrochen und im Zentrum sah ich nur noch ein einziges Schild, das Übernachtung versprach und dieses Versprechen auch hielt. Das Zimmer im Rueangrat Hotel war sehr einfach eingerichtet, der Preis betrug 18 Euro, und die Welt war in Ordnung.
Wir fangen klein an
Vor dem Eintauchen in die Weite des Mergui-Archipels, vor dem ersten Blick auf “unsere” Yacht Meta IV standen die Aus- und Einreiseformalitäten im Grenzfluss-Gewimmel zwischen Rayong (Thailand) und Kawthaung (Myanmar).
Fünf Nächte, sechs Tage auf See
Es hat sich nicht viel geändert seit 2013. Noch immer gibt es keine Infrastruktur, keine Städte, keine Straßen. Und keine Touristen. Mich hat es eher verstört, dass wir sechs Tage lang in diesem riesigen Areal die einzigen Fremden blieben. Exklusivität, auf die Spitze getrieben. Und Stille, bis auf das leise Plätschern der Wellen, wenn wir vor Anker lagen.
Nach dem Start waren wir in Sekunden kommunikativ abgeschnitten vom Rest der Welt. Kein Anschluss unter dieser Nummer: Ohne Netz und Phone fiel es leichter, sich mit allen Sinnen einzulassen auf deckweiße Strände, den Geruch der See, auf Wolkenformationen, das Wurzelgeflecht der Mangroven und den Geschmack der Königsmakrele. Wenn wir eine Pause brauchten von all der üppigen Optik, griffen wir zum Buch. Zu dem aus Holz. Der Käpt`n griff zur Flöte, auch aus Holz. Wir waren eine ziemlich analoge Truppe.
Mal abgesehen davon, dass die Handykameras Vollbeschäftigung meldeten. Denn was wäre so ein Trip ohne Augenfutter?
Aufnahmen: B. Linnhoff, Micheál Mac Aogáin, Burma Boating
Nur einmal wurde es stürmisch
Obwohl unser Trip den Anfang der Regenzeit streifte, schien die Sonne konstant. Die Fischer, die den Weg kreuzten, erkannten an unserer seitlichen Beflaggung sofort, dass wir in friedlicher Absicht unterwegs waren. Stürmisch wurde es nur einmal, am vorletzten Nachmittag.
Treffen mit Seeottern: Schuss und Gegenschuss
Ich hatte Otter in der Hose
Fotos Micheál Mac Aogáin (1), Faszination Fernost/B. Linnhoff (2)
Irgendwo in der Weite des Archipels leben ein paar Familien, Moken (Seezigeuner) und Burmesen gemischt, nahe einem Wald am Strand. Ihnen schwammen oder liefen Seeotter-Waisen zu – die kleinen Racker leben halbe-halbe an Land und im Meer. An diesem Tag liefen sie uns zu, für eine verspielte Stunde lang. “Ihr sehr starkes Gebiss dient dem Knacken von Weich- und Krebstierschalen”, so Wikipedia. Das wusste ich noch nicht, als mir ein Kurzkrallenotter unter die Hose kroch.
In der Dämmerung beobachteten uns die einheimischen Fischer aufmerksam. Es gab keinen Kontakt bei diesem Zusammenprall zweier Welten, die nichts gemeinsam haben.
Deine Heimat ist das Meer…
…deine Sehnsucht sind die Sterne. “Wisst ihr, was die schlimmste Zeit für einen Seemann ist?”, fragte unser Guide Aung Kyaw Kyaw, kurz A. K. Und schob die Antwort gleich nach: “Diese seltsame Zeit an Land.” Das klang nach Abschied. Fünf Monate dauert der Monsun, so lange liegt die Meta IV still.
Am sechsten Tag das Nebelhorn
Im Ohr: das Nebelhorn. In Sicht: Kawthaung, der Grenzort auf birmanischer Seite. Ausreise Myanmar, Einreise Thailand. Ranong.
When that fog horn blows you know I will be coming home
And when that fog horn whistle blows I got to hear it
I don’t have to fear it
Van Morrison, Into the mystique (Album “Moondance”)
Abschied
Wir kamen morgens gegen 10 Uhr zurück vom Bootstrip im Mergui-Archipel, der Rückflug nach Bangkok ging erst um 18.45 Uhr. Ein Fahrer von Burma Boating setzte uns am Tinidee Hotel ab. Zu den 138 Zimmern, zu diesem Zeitpunkt offenbar mehrheitlich von chinesischen Touristengruppen gebucht, gehört eine entsprechende Infrastruktur mit Restaurants, Pool und Massageräumen, so dass uns die Wartezeit nicht zu lang wurde.