“Wir sehen ein Neonlicht am Ende des Tunnels”
Im Dorf Mae Sapok, eine Autostunde von Chiang Mai im Norden Thailands entfernt, lebt seit mehr als zwanzig Jahren der Thüringer Bodo Förster. Mit seinem Projekt Elephant Special Tours überstand der 59-Jährige schon einige Disaster, die Gäste von Thailand fernhielten und eben auch von Mae Sapok: Sars-Epidemie 2003, Tsunami 2004, Flughafenbesetzungen 2008, politische Zusammenstöße in Bangkok 2010. Doch anderthalb Corona-Jahre ohne Tourismus und Einkommen gefährdeten wie nie zuvor die Existenz des Unternehmens und das Wohlbefinden seiner sechs Elefantenkühe, von denen jede täglich mindestens 220 Kilogramm pflanzlicher Nahrung benötigte.
Faszination Fernost: Wie haben die Elefanten, wie hat dein Projekt die Pandemie überstanden?
Bodo Förster: „Voller Freude kann ich sagen: Alle unsere Elefanten sind gut durch diese schwere Zeit gekommen. Auch unsere Kälber Sinan und Henry. Das verdanken wir den großzügigen Spenden unserer langjährigen Gäste. Davon habe ich nicht einmal geträumt, das hat mich bewegt und demütig gemacht.“
FF: Was war die größte Herausforderung in den letzten anderthalb Jahren?
Förster: „Während der ganzen Zeit war die Zukunft unklar, die Unsicherheit komplett und kein Fahrplan möglich. Mitten in einer sehr guten Hochsaison ging im März 2020 ruckzuck alles auf Null. Schon Ende März mussten wir alle Elefanten, die uns nicht gehörten, ihren Besitzern in Huay Pakoot zuführen. Alle Mitarbeiter, die nicht unmittelbar zur Aufrechterhaltung des Betriebes benötigt wurden, mussten wir entlassen. Die manchmal monatelange Trennung von meiner Familie machte mir das Leben nicht leichter. Ich saß allein in Mae Sapok, kein Gast, kein Geld und meine Liebsten in Deutschland.“
FF: Wo steht dein Projekt jetzt, da der internationale Tourismus wieder möglich ist?
Förster: „Da wir über die Jahre eine solide Grundstruktur entwickelt haben, fangen wir nun nicht wieder bei Null an. So glücklich ich über die Spenden war – es gab auch Momente, in denen ich mich bei unseren Aufrufen wie ein Bettler fühlte. Schließlich war ich es gewohnt, für Arbeit und Leistung bezahlt zu werden. Doch es ging ja in allererster Linie um das Wohl der Tiere.“
FF: Werden sich die Rahmenbedingungen deiner Arbeit verändern? Werden die Menschen künftig weniger reisen, auch als Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel?
Förster: „Im Moment ist die Situation auf der ganzen Welt noch sehr fragil. Je mehr Sicherheit einkehrt, desto eher werden die Menschen wieder ein großes Bedürfnis verspüren zu reisen. Davon bin ich überzeugt. Vielleicht werden manche länger an einem Ort verweilen und nur einmal im Jahr eine Reise buchen, nicht zweimal.“
Bild links: Zwei Generationen – Mae Gaeo II und Henry
FF: Schon vor Covid-19 mehrten sich die kritischen Stimmen zum Thema Elefanten im Tourismus. Wird sich diese Tendenz verstärken?
Förster: „Um den domestizierten Elefanten ein Leben adäquat zu ihren Bedürfnissen zu bieten, bleibt der Tourismus die einzig angemessene Antwort. Aber natürlich müssen die Arbeitsbedingungen für die Tiere stimmen. Die Großherzigkeit unserer Gäste sehe ich auch als Bestätigung unserer Arbeit. Als Bestätigung meiner Philosophie, den Elefanten in der täglichen Arbeit auf Augenhöhe zu begegnen, ohne Zwang und schon gar nicht aggressiv.“
FF: Derzeit gehören drei Praktikantinnen zu deinem Team, 18 bis 20 Jahre jung, Generation Fridays for Future. Tut sich da in der Sicht auf die Welt ein Graben zwischen den Generationen auf?
Förster: „Ein Graben kann sich nur auftun, wenn man nicht miteinander spricht. Die drei jungen Frauen kamen zu uns mit ihren Idealen und Vorstellungen, die sie nun in der Tagearbeit mit der Realität abgleichen können. Sie bereichern unser Projekt schon durch ihre Aktivitäten auf Instagram (@elephantspecialtours) und dem Praktikantinnen-Tagebuch auf Youtube (www.youtube.com/user/ElephantSpecialTours). Soziale Medien, da sind sie zuhause. Inzwischen haben sie sich eingelebt, jetzt nehme ich sie Schritt für Schritt in die Verantwortung.“
FF: In welcher Form?
Förster: „Da schreibt zum Beispiel ein potentieller Kunde: `Herr Förster, ich gehe davon aus, dass Ihre Elefanten in artgerechter Haltung leben.` Darauf habe ich natürlich eine Antwort. Aber es ist meine Antwort. Ich möchte, dass die jungen Frauen ihre Antwort formulieren und mir vorschlagen. Es ist ihre Generation, die die Werte, Vorstellungen und Regeln unseres Zusammenlebens in den nächsten zehn Jahren definieren wird. Ich schätze Fridays for Future und unterstütze die Bewegung, wenn ich es kann. In meinem persönlichen Verhalten allerdings bin ich mit 59 Jahren immer noch eher Saturday.“
FF: Thailand ist seit zwei Wochen wieder offen, begleitet von diversen Restriktionen. Was erwartest du nach den ersten Erfahrungen für die nahe Zukunft?
Förster: „Ich habe immer gesagt: Wenn es wieder geht, kommen unsere Gäste. Die ersten zwei Wochen im Dezember und die Tage um Weihnachten und Neujahr sind ausgebucht; auch für Februar und März liegen viele Buchungen vor. Manche lösen ihre Gutscheine ein; sie haben ihre Trips schon im Voraus teilweise oder komplett bezahlt. Das hat uns ebenfalls enorm geholfen.
In unserem Unternehmen stehen wir wieder bei 19 Angestellten, sechs Mahuts inklusive. Anfang Dezember werde ich weitere Elefanten von meinen langjährigen Partnern hinzumieten, von der Tomali-Familie. Es sind Tiere, die schon vor der Pandemie zu unserer kleinen Gruppe gehörten. Vielleicht profitieren wir künftig davon, dass die Preise für Elefanten – Leasing oder Kauf – zuletzt stark gefallen sind, nachdem sie zuvor förmlich explodiert waren. Wir werden unsere Medienarbeit weiter intensivieren. Es tut sich was. Meine Elefanten und ich sehen ein Neonlicht am Ende des Tunnels.“
ZUR PERSON
Bodo Jens Förster
Geboren am 10. November 1962 in Saalfeld/Thüringen
Erlernter Beruf: Tierpfleger/Elefantentrainer
Initiator und Chef des Projekts Elephant Special Tours in Mae Sapok im Norden Thailands
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