Mode-Mogul schuf Juwel aus dem Müll

Somchai Songwattana, CEO und Art Direktor der lokalen Modemarke FlyNow, ist stolz auf eine ganz spezielle Eigenschaft: Er findet Juwelen im Abfall. Bildlich gesprochen. Im Bangkoker Bezirk Thonburi sichtete Khun Somchai vor einiger Zeit eine 1,7 Hektar große Müllkippe; den Schrott ließ er mit 1000 Wagenladungen wegschaffen. Um Platz zu machen für ein Spielfeld, auf dem sich Künstler tummeln sollen und Menschen, die sich in dieser Umgebung wohlfühlen. Mittendrin in diesem Spielfeld namens Chang Chui steht nun eine Lockheed Tristar; Somchai fand sie verlassen auf dem nationalen Flughafen Don Mueang.

Thonburi liegt auf der Westseite des Chao-Praya-Flussses, gegenüber den Nobelhotels Shangri-La und Mandarin Oriental. Unter König Taksin war die Gemeinde von 1768 bis 1782 Hauptstadt des siamesischen Reiches. Doch Touristen verirren sich bis heute selten hierher. Das ändert sich langsam, vor allem dank einer besseren Verbindung via Skytrain und dank neuer Projekte – Chang Chui ist eines der ersten.
Video: Makansutra/Youtube
Making Thonburi great again: Chang Chui, eine der jüngeren Sehenswürdigkeiten Bangkoks, hat auf Facebook bereits über 295.000 Follower; Gäste aus dem Ausland bleiben die Ausnahme. Auf der Fahrt zu meinem ersten Besuch drohte selbst der Thai-Taxista zu verzweifeln – er hatte die Adresse und fand den kreativen Spielplatz trotzdem nicht.

“Schlampiger Handwerker” bedeutet Chang Chui auf Deutsch. “Kreativität muss nicht perfekt sein”, sagt Somchai Songwattana. Er liebt alte Dinge, Schrott auch, Holz, Eisen, und bearbeitet das Material, um es zu neuem Leben zu erwecken. “Nichts ist nutzlos”, lautet sein Credo.
Gourmetrestaurant in einer Lockheed Tristar

Im geräumigen Bauch der Lockheed Tristar wurde 2018 das Gourmet-Restaurant Na-Oh eröffnet. Der Name Na-Oh deutet auf Noahs Arche hin, nicht ohne Grund. Denn die erlesenen Speisen des Restaurants werden zwischen ausgestopften Tieren serviert, Stücke aus Somchais Kollektion. “Legal und ethisch einwandfrei”, heißt es.
Zum Highend-Angebot des Na-Oh Restaurants gesellt sich auf der Anlage ein vielfältiges Angebot von Garküchen und anderen mobilen Schänken.


Mode-Mogul Somchai wollte etwas schaffen, was origineller ist als Dutzende Einkaufszentren im Zentrum Bangkoks und freakiger als ein weiterer Betonhaufen für Apartments: “Ich bin 58 Jahre alt, seit dreißig Jahren im Modebusiness tätig. Ich weiß, wie wichtig Kreativität ist. Und ich weiß auch, wieviele junge Künstler weder Platz noch Geld haben, um ihre Arbeiten zu präsentieren.”
Freakiger zu sein als eine Shopping Mall ist so schwer nicht. So finden wir in Chang Chui holzgeschnitzte und auch spacige Skulpturen, antikes Spielzeug von Chui Charoen und handgemachte Schreibutensilien von “Happening”. Oder auch die Music Hall mit alten Vinylscheiben und Liveauftritten von Bands. Kinder können Kunststunden nehmen hier, wenige Meter entfernt von wechselnden Kunstausstellungen.

Es bleibt ein Rätsel zu lösen rund um Chang Chui. Vergesslichkeit ist mir nicht fremd; mit den von mir irgendwo liegen gelassenen Kugelschreibern, Feuerzeugen, Sonnenbrillen könnten einschlägige Läden Umsatz machen. Wer aber vergisst eine Lockheed Tristar? Einen kompletten Jet!

Fotos: B. Linnhoff, Bangkok Post (1), FB/Chang Chui (1)
Chang Chui, 460/8 Sirinthorn Rd., 081-817-2888
