Abschied von Yangon: Um fünf Uhr morgens steht Soe Thu Ra mit dem Taxi am Hotel, der Abflug der Air Mandalay nach Nyaung-U ist für 6.30 Uhr vorgesehen. Die offiziellen Flugzeiten dienen hier eher der groben Orientierung. Verspätungen sind immer mal drin, doch Myanmar ist das einzige mir bekannte Land, in dem Linienflüge auch mal früher starten als angezeigt.

Soes Taxi (Foto Faszination Fernost)

Einheimische und Landeskundige checken daher überpünktlich ein, Burma-Frischlinge hingegen verpassen schon mal den Flieger, obwohl sie beizeiten am Schalter stehen. Ähnliches fürchte ich jetzt auch, da Soe auf dem Weg zum Flughafen mehrfach anhalten muss, um den überhitzenden Motor mit Wasser zu kühlen.

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Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Trotz der frühen Uhrzeit hat der 33-Jährige seine Frau und den jüngsten Sohn (ein Jahr) mitgebracht: „Wenn Du uns schon nicht besuchst, sollst du wenigstens meine Familie kennenlernen. Die beiden älteren Söhne sind allerdings gerade in Mandalay und bereiten sich auf ihr Novizendasein im Kloster vor.“ Vor dem Flughafengebäude mache ich noch ein Foto von der reduzierten Familie, habe die Augen aber zur Morgenstunde noch nicht weit genug geöffnet, um ein fernes Auto-Rücklicht zu bemerken, das sich zwischen Mutter und Kind schiebt. Soes Kommentar zum fertigen Bild: „Außergewöhnlich.“

Bagan: Der Koffer kommt mit der Schubkarre

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Nach etwa anderthalb Stunden Flug landet die ausgebuchte Maschine in Nyaung-U; jeder Passagier bekommt seinen Koffer einzeln mit der Schubkarre angeliefert. Es sind etwa sieben Kilometer mit dem Minivan zum Hotel in Alt-Bagan. Rund um Nyaung-U, Alt- und Neu-Bagan stehen auf 26 Quadratkilometern (etwa die Größe Manhattans) schlappe zweitausend Tempel (nach anderen Quellen gar 4000), und genau deswegen bin ich nun in Zentral-Myanmar.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Das Bagan River View Hotel gehört zur gehobenen Kategorie und liegt direkt am Ayeyarwady (Irrawaddy), der am Ende der Trockenzeit durch eine staubige Savannenlandschaft fließt und wenig Wasser führt. Die Gartenanlage des Hotels muss täglich gewässert werden, so bekommen die Gäste tropisch-üppige Flora präsentiert, durch Architektur und Design des Hotels sensibel ergänzt und nicht erschlagen.

Fotos Faszination Fernost/B. Linnhoff

Schönheit sollte man teilen können. Wer zu zweit reist oder in der Gruppe, kommuniziert, tauscht sich aus. Als Alleinreisender muss ich darauf verzichten. Doch wer solo reist, das lehrt die Erfahrung, lernt meist mehr Menschen kennen. Einschränkung: Wer in Asien alleine reist, ist per Definition ein seltsamer Fremder. Ein Mensch ohne Freunde. Die Einheimischen treten meist gebündelt auf, in der kleinsten Einheit als Paar, oder mit Freunden, mit der Familie.

Fotos Faszination Fernost/B. Linnhoff

Selbst in meiner Hotelanlage stehen zwei Tempel. Sehr dekorativ und vor allem echt. Der Shin Pinh Thet Taw Shae wurde im 12. Jahrhundert gebaut. Traditionell bekommt der prächtige Buddha im Inneren jeden Morgen frisches Wasser, Reis, Früchte serviert, auf das es ihm tagsüber an nichts fehle. Gegen Abend sind Wassergläser und Reisteller leer, die Früchte angeknabbert. Kann sein, dass die birmanischen Eichhörnchen – meiner Beobachtung nach eher Graubauchhörnchen als Finlayson-Schönhörnchen – bei ihrer wilden, verwegenen Jagd durch den Tempel unter Buddhas geschlossenen Augen genascht haben.

Zimmer mit Aussicht (Foto Faszination Fernost)

Welch`schöne Zeit im Hotel Bagan! Teilen kann ich sie nicht. Aber genießen. Und von meinem Zimmer aus sehe ich schon, was mich am nächsten Tag erwartet: Tempel, was sonst.

Karte: Air Bagan (zum Vergrößern auf die Grafik klicken)
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