Eine Beachbar im fünften Stock – Ausflug ins historische Rattanakosin

Silvester 2008 in Bennis Beachbar: v. l. Timo, Ralf “Legende”, Benni, Khun Ben und Khun Disco

Hauptsache, die Richtung stimmt. In den ersten Tagen und Wochen nach meiner Einwanderung war ich nicht völlig orientierungslos, da ich Bangkok ein wenig kannte und einige Menschen gut. Dennoch dauerte es, bis sich das Gewirr dieser Stadt lichtete.

Die ersten Freunde besuchten mich früh, und Bennis Beachbar im nahe gelegenen Stadtteil Ekamai war ein stets gern besuchter Treffpunkt.

Die mit reichlich Sand gefüllte Strandbar stand im fünften Stock. Wir konnten den Hinweg über die Feuerleiter bergauf absolvieren und den vom Alkohol beflügelten Rückweg durchs Treppenhaus; im Erdgeschoss landeten wir dann im Brautmodenshop von Bennis Partnerin.

Logenplatz bei Sonnenschein und Donnergrollen

Sonnenuntergang in Bangkok (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Ich musste meine Wohnung nicht verlassen um zu erleben, zu welchen Schauspielen die Natur in Thailand fähig ist. Ein Blick vom Balkon reichte, auch bei den Ausläufern der Regenzeit im Oktober. Im 19. Stock war ich dem Grollen des Donnergotts oft sehr nahe.

Khlong Saen Saeb: Staufreie Verbindung in Bangkoks Zentrum

Bangkoks Verkehr ist berüchtigt, auch wegen der oft endlosen Staus. Zwar stand mein JC Tower ein wenig abgelegen am Ende einer Nebenstraße der Thonglor Road, doch vor der Hautür wartete eine Station des Kanals Saen Saeb. Da ich, wie alle Passagiere, auf die Seitenleiste der heranfahrenden Boote springen und dann ins Innere klettern musste, blieb ich geschmeidig. Eine entspanntere und preiswertere Verbindung ins Zentrum gab es nicht.

Rattanakosin: Mit dem Boot ins alte Bangkok

Wat Pho (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Eines meiner ersten Ziele war Bangkoks Altstadt, der historische Bezirk Rattanakosin. Noch besser als der Große Palast mit dem Tempel des Smaragd-Buddha gefiel mir der südliche Nachbar Wat Pho. Der dort liegende Buddha ist über 40 Meter lang; zudem beherbergt der Tempel eine berühmte Massageschule, wo viele der in Bangkok tätigen Masseurinnen ihre Ausbildung absolvieren. Die Schule gilt als Geburtsort der Thai-Massage.

Zunächst schmunzelte ich in der engen Musikbar Jazz happens, als die Sängerin das harte R nach asiatischer Sitte in das leichtere L verwandelte und den Klassiker Cry me a River von Julie London in eine Ballade über Leberschäden umdeutete: Cly me a Liver. Wenig später froren mir das Lächeln ein, als ich den schlechtesten Mojito meines Lebens herunterwürgte. Ich weiß nicht, welche Zutaten der Mixologe verarbeitet hatte, aber sie waren definitiv verschreibungspflichtig.

Kumar weiht sein Haus ein

Kumar ist smart. Das muss er auch sein. Der gebürtige Inder mit deutscher Staatsbürgerschaft handelt international mit Juwelen. Kein leichtes Geschäft, aber ein einträgliches. Mit seiner thailändischen Partnerin lebt Kumar in Idar-Oberstein und, seines Geschäftes wegen, in Thailand. Menschen, die ihn besser kennen als ich, nennen Kumar, nebenbei auch lizenzierter Schiedsrichter, seiner Mentalität wegen den “deutschesten Deutschen, der je in Indien geboren wurde”. Ende 2008 weihte er in einem Dorf nahe Chachoengsao sein neues Haus auf thailändischem Boden ein und überließ, wie üblich, nichts dem Zufall. Um keine spirituellen Lücken zu provozieren, lud er Würdenträger aller Weltreligionen ein, damit sie das Bauwerk segneten.

Vor der Party spielten die German All Stars Bangkok gegen eine von Kumar zusammengestellte Auswahl. An diese Partie erinnere ich mich nur, weil All-Star-Torwart Fahri einen Flachschuss aus 25 Metern passieren ließ, weil er sich von der Sonne geblendet fühlte (die gerade hinter ihm unterging).

Feier frei

Stammplatz auf der Bank

Frust

Es heißt, wir werden nicht schrittweise alt, sondern in Schüben. Ich schaute den All Stars zu, das war Fußball an der Wurzel, wie ich ihn als Kind kennengelernt und geliebt habe. Ich war nun 60 und überlegte: Könnte ich vielleicht, nach gezieltem Aufbauprogramm, noch einmal aktiv mitmischen bei den Veterans, den Alten Herren? In der Halbzeit schnappte ich mir den Ball und jonglierte ein wenig. Mein letzter Ballkontakt lag neun Jahre zurück, das hat er mir nicht verziehen. Nach etwa 52 Sekunden fiel mir die Pille auf die Spitze des linken großen Zehs. Drei Wochen lang konnte ich nicht auftreten. Ein Gottesurteil.

Die Nabelschnüre zur City

Manchmal, vor allem bei Regen, war es etwas umständlich, die etwa 200 Meter zur Station der Motorradtaxis in unserer kleinen Soi Prompak zu laufen. Die Motocys brachten mich zur Thonglor Road oder gleich zu einer Skytrain-Station. Auf dem Rücksitz der Motorräder lernte ich, dass man im Gewühl Bangkoks auch die kleinste Lücke nutzen sllte.

Eine Auswanderung in Etappen:

Tagebuch 31. 12. 07 – 8. 7. 08: Auswandern auf einem Balkon in Bangkok

Tagebuch 27. September 2008: Ankunft in Bangkok