Wat Phan Tao: Ein Zauber wurde betoniert

Asanha Bucha Day (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Die Sonne geht unter in Chiang Mai, in der Altstadt entzünden junge Mönche Wachskerzen an einem kleinen Teich. Die ersten Besucher haben sich bereits gute Plätze gesichert für den spirituellen Sundowner wenig später.

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Langsam wird es voll am Phan Tao Tempel. Einige der Schaulustigen sind Buddhisten, die meisten Touristen. Vielen ist es völlig egal, ob die Gebete und Gesänge der Mönche in der nächsten Stunde einen buddhistischen Feiertag würdigen oder das Lichterfest Loi Krathong. Die Stimmung ist erwartungsfroh und andächtig zugleich – hier muss man an nichts glauben, der Ort genügt.

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Der Buddha sitzt unter einem Bodhi-Feigenbaum, wie vor mehr als 2500 Jahren im indischen Bodh Gaya, als er „erwachte“ und der Erleuchtete wurde. Die im Kerzenschein betenden Mönche spiegeln sich im flachen Wasser des Teiches – kein Zuschauer kann sich dem Zauber der Zeremonie entziehen, die auch das Gewitter der Handys und Kamerablitze unbeschadet übersteht.

So war es bisher.

Asanha Bucha: Ein Buddha zwischen Pick-Ups

„Asanha Bucha“ markiert für Buddhisten den Tag, an dem ihr spiritueller Lehrer in Benares erstmals vor Anhängern seiner Lehre predigte. In diesem Jahr fiel Asanha Bucha auf den 4. Juli, und voller Vorfreude auf die Zeremonie pilgerte ich zum Teich am Wat Phan Tao, dem Teakholztempel aus dem 14. Jahrhundert. Doch der Teich war verschwunden. Zugeschüttet während der Coronakrise, unbemerkt von den Einheimischen.

So ist der der Buddha nun in der Moderne angekommen und sitzt auf einem Parkplatz. Umzingelt von großvolumigen Pick-ups wirkt er winziger denn je – immerhin ruht er weiter unter dem Bodhi-Baum.

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Was ist passiert?

In Thailand kommt es immer mal wieder vor, dass historisches, architektonisches oder auch spirituelles Vermächtnis mit Füßen getreten wird. Aus Ignoranz, aus Profitsucht. Doch was konnte der Grund sein, den zauberhaftesten Ort der Stadt Chiang Mai dem Erdboden gleichzumachen? Diese Frage postete ich im Facebook-Forum „Expats Chiang Mai“, womit viele User erstmals überhaupt von der Veränderung erfuhren und schockiert waren. Auch ein User namens Àlvaro R. Rojo reagierte, denn er hatte mit einem Mönch am Wat Phan Tao gesprochen.

Dem Mönch zufolge sei der Teich sehr kostenintensiv gewesen, und in den letzten Jahren seien mehr und mehr Touristen zu den Zeremonien erschienen. Vor allem Reisegruppen, die für ihre Dienste bis zu 4000 Baht am Tag von jedem Kunden verlangten. Aber keiner der Gäste hätte auch nur einen Baht gespendet, obwohl die Zeremonien viel Arbeit für alle im Tempel bedeutet hätten. Bei einer der letzten Zeremonien hätten sich gar Touristen darüber beschwert, dass es keine Stühle für sie gab. „Genug ist genug“, hätten daraufhin die Verantwortlichen gesagt und den Teich zugeschüttet. Das gesparte Geld würde nun in die Schule für Novizen investiert.

Ich bin kein Landschaftsgärtner und kann daher nicht beurteilen, warum die Pflege eines kleinen Teiches kostenintensiv sein kann. Die Besucherzahlen waren in den letzten Jahren in der Tat massiv gestiegen waren, zuletzt gab es sogar Stühle fürs Publikum. Hoher Aufwand, geringer Ertrag – das reichte, um mit dem Teich auch die komplette Zeremonie zu begraben.

„Wir Menschen“, hat der unvergessene Roger Willemsen gesagt, „werden immer besser darin, Orte zu zerstören statt aufzubauen.“ Der wunderschöne Buddha im Wat Phan Tao sagt: „Alle Dinge wandeln sich, nichts ist von Dauer. Beständig ist allein die Veränderung.“ Ist ja gut. Doch warum ändern sich gute Dinge so oft zum Schlechten?

Memories (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)