Araki-Ausstellung in Bangkok

Araki-Ausstellung in der Leica Gallery, Bangkok (Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff)

Tradition vs. Trash

Tradition vs. Trash: Loi Krathong und das Lichterfest Yi Peng sind vorbei. Die Laternen stiegen wie immer zu Tausenden in den Himmel, doch wie schon Blood, Sweat and Tears sangen: What goes up, must come down. Zehntausende bewunderten die Parade im Zentrum Chiang Mais.

So war es einmal

An den Gewässern des Landes baten die Menschen die Wassergöttin Mae Khong Kha um Vergebung für die Verschmutzung der Flüsse, indem sie kleine runde Schiffchen (Krathongs) zu Wasser ließen. Und so erneut die Flüsse verschmutzten, könnte ein zynischer Europäer anfügen. Beide Feste aber schauen zurück auf eine uralte Tradition. Und selten ist Umweltverschmutzung stimmungsvoller als in diesen Tagen.

Begleitet von erstaunlichen Zahlen – es ändert sich nämlich doch etwas. In Bangkok fischten städtische Arbeiter und freiwillige Helfer nach der Party 502.024 Krathongs aus dem Wasser. 96,3 Prozent davon – 483.264 Schiffchen – bestanden aus natürlichen, biologisch abbaubaren Materialien, während die restlichen 3,7 Prozent – bzw. 18.760 Krathongs – aus Schaumstoff gebastelt wurden.  Außerdem: Es wurden 339.303 Schiffchen weniger eingesammelt im Vergleich zum Vorjahr, ein Rückgang von 40,3 Prozent. Respekt!

Sex und Tod in Bangkok

Bleiben wir für einen Moment in Thailands Hauptstadt. Sie ist unverändert eine Metropole aller Spielarten von Kunst. Noch bis zum 27. November zeigt eine Ausstellung in der Leica Gallery im Einkaufszentrum Gaysorn Village 30 monochrome Bilder des Japaners Nobuyoshi Araki. Sein Werk gilt als umstritten, seine Bilder beunruhigen und werden gleichwohl als meisterhafte Darstellung japanischer Erotik gewürdigt.

Die Bilder der Ausstellung reflektieren, so heißt es, die Lebenseinstellung des 79-Jährigen, seit er vor einigen Jahren mit der Diagnose Prostatakrebs konfrontiert wurde. Sex und Tod, Eros und Thanatos haben Arakis Schaffen über mehr als 60 Jahre angetrieben. Seine Sensibilität den Porträtierten gegenüber wird von Kennern als „pathologisch zärtlich“ bezeichnet – dann möchte ich nicht die Bilder sehen, die er im Zustand des Zorns geschossen hat.  

Notizen aus der Kaffee-Hauptstadt Südostasiens

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Zurück in den Norden. Vor vierzig Jahren legte der verehrte König Bhumibol den Bauern in Nordthailands Bergen nahe, statt Opium lieber Kaffee, Erdbeeren und Brokkoli anzubauen. Kaffee war bis dahin nie Teil der thailändischen Kultur. Der Siegeszug der widerstandsfähigen Arabica-Bohne begann etwa in den Achtzigerjahren. Heute gilt Chiang Mai als Kaffee-Hauptstadt Südostasiens. Ich finde hier Cafés unterschiedlichster Couleur. Das Café Artisan im Oxotel auf der Wualai Road wartet mit einem sehr vielfältigen Angebot auf, gerade auch beim Kaffee. Ich probierte einen Marrochino, eine Mischung aus Mokka und Capuccino. Nun ja.

Wohlschmeckender Kaffee ist meist garantiert – um sich abzusetzen im Wettbewerb, müssen sich die Shops etwas einfallen lassen. Da gibt es die Cafés, die sich Kunst und Design auf die Fahnen geschrieben haben und Galerien ähneln. Ein Fressen für Instagram. Womit noch nichts gesagt ist über die Qualität der Speisen und Getränke. Und vor allem nichts über die Qualität des Service. Oft wirkt das kunstaffine Personal leicht verstrahlt und tut sich schwer damit, die höheren Weihen seines kreativen Talents mit den niederen Weihen der Dienstleistung zu versöhnen.

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

Das „Café des Artistes“, das Café der Künstler also, am Ostufer des Ping River erinnert, etwas Vorstellungskraft vorausgesetzt, an die Kaffeehäuser Mitteleuropas, die ich sehr mag. Dort bestellte ich mir ein Schinken-Käse-Sandwich, aus dem mir nach wenigen Bissen komplette Salzkörner auf die Zunge gerieten. Ich pulte sie einzeln raus, legte sie neben die verbliebene Sandwichhälfte und sagte dem Kellner, komplette Salzkörner entsprächen nicht meinem Geschmack. Er räumte ab und kam mit einem Gruß aus der Küche zurück: „Die Körner waren nur zur Dekoration gedacht.“ Das nenne ich kreativ.

Gespielt wurde das alte Ursache-Wirkung-Spiel in Thailand: Leise Kritik = Gesichtsverlust = Ausrede der Betroffenen. In keinem anderen Land erfinden die Menschen Ausreden derart mühelos, sie üben das schon als Kinder. Bis hin zu Regierung und Premierminister erscheinem einem Westler die Ausreden manchmal so absurd bis atemberaubend dumm, dass er bewusste Beleidigung vermutet. Nicht so die Thais – jeder von ihnen war schon einmal in ähnlicher Not, da wachsen Verständnis und Verzeihen.  

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff