Ausgabe 9: Farbenfrohes Loy Krathong – Heiraten in Thailand: Ein Bund fürs Geben – Monarchisten gegen Amnesty International – Lockenwickler in Südkorea – Fünf Merkels für Wurm – Vater und Sohn – Ein Elefant vor Gericht

Liebe Freunde, Weggefährtinnen und Südostasienfans,

Thailands Lichter- und Laternenfest Loy Krathong liegt hinter uns. Ohne Laternen diesmal, sie waren verboten. Einer Umfrage zufolge wollten diesmal nur wenige Thais die kleinen, oft selbstgebastelten Bötchen auf ein Gewässer setzen, um traditionell alle Sorgen und Sünden des letzten Jahres in die Obhut der Wassergötter zu überführen.

Foto: Chiangmaicitylife

Die Umfrage muss Chiang Mai weiträumig umfahren haben. Im Zentrum stapelten sich die Einheimischen, die die Stadt auch in Pandemie-Zeiten als Thailands besten Ort für Loy-Krathong-Feierlichkeiten genießen wollten. Sie wurden angesichts vieler spektakulärer Skulpturen nicht enttäuscht, wie der Bilderbogen zumindest in Ausschnitten zeigt. 

Fotos: Faszination Fernost/B. Linnhoff, Chiangmaicitylife

Die meisten Krathongs treffen sich schon bald nach der Abfahrt, wahrscheinlich ist ihnen die Last der Sorgen und Sünden zu schwer. Noch als Müll sehen sie aus wie ein Gemälde von Monet, geschüttelt, nicht gerührt, und nun kommt`s: In diesem Jahr bestanden 99 Prozent der abgefischten Gestecke aus organischem Material. Thailand lernt dazu.

Foto: Chiangmaicitylife

In eigener Sache

Meine Frau Toey und ich feierten am 18. November den fünften Hochzeitstag. Die Trauung nach Lanna-Art war rechtlich nicht verbindlich und doch weit mehr als Folkore. In meinem Blog habe ich Vorbereitung, Zeremonie und Aftershow-Party ohne Rücksicht auf eventuelle kulturelle Empfindlichkeiten festgehalten. Heiraten in Thailand: Ein Bund fürs Geben.

Königstreue wollen Amnesty International aus dem Land kicken

In meiner Post aus Thailand würde ich gerne auf Themen wie „Politik in Thailand“ verzichten. Doch es wäre ein Verzicht auf wichtige Entwicklungen in der Region, in der ich lebe. 

Thailändische Monarchisten starteten eine Unterschriftenaktion mit dem Ziel, Amnesty International aus dem Land zu vertreiben. Parallel dazu forderten die Königstreuen Premier Gen Prayut Chan-o-cha auf, die Amnesty-Geldflüsse und den Verdacht zu prüfen, dass die Menschenrechtsorganisation die nationale Sicherheit des Landes und der Monarchie untergraben haben könnte. Amnesty International Thailand hatte sich zur Unterdrückung der politischen Aktivisten geäußert, die die Monarchie reformieren wollen. 

Unter der Überschrift Thais can`t breathe schreibt Punsita Ritthikarn in der Bangkok Post unter anderem über das ungeklärte Verschwinden politischer Aktivisten seit dem Militärcoup 2014. Dazu passt atmosphärisch eine Analyse derselben Zeitung zu den vage formulierten, aber mit drakonischen Strafen versehenen nationalen Cyberkontrollgesetzen. Vom Magazin Wochenblitz wurde der Beitrag unter dem Titel „Internetnutzer, du wirst beobachtet“ ins Deutsche übertragen.

Menschen

Seit Gangnam Style prägt Südkorea die internationale Popkultur. Südkorea! Die Boygroup BTS räumte zuletzt drei American Music Awards ab, Squid Games ist die meistgeschaute Serie auf Netflix; Parasite gewann 2020 den Oscar als Bester Film. Der neueste Trend irritiert das gelernte ästethische Empfinden. Junge Frauen in Südkorea tragen Lockenwickler dort, wo sie früher auf keinen Fall zu sehen sein sollten: in aller Öffentlichkeit. Das wenn meine Oma gewusst hätte.

Unvergessen: Muhammad Ayoub wurde zum Helden, als die muslimischen Rohingya aus Myanmar vertrieben wurden. Der 22-Jährige trug seine kranken Eltern in Körben eine Woche lang barfuß über hundertsiebzig Kilometer und entkam so dem burmesischen Militär.

Fünf Merkels für Wurm

Deutschland: Zum Abschied von Bundeskanzlerin Angela Merkel erschienen diverse Sondermagazine. Imre Grimm hat sie für das Redaktionsnetzwerk Deutschland durchgestöbert und ein Urteil gefällt: Gewinner des Rankings wurde mit fünf von fünf möglichen Merkels das kreative Magazin von Oliver Wurm.

Reinhard „Reini“ Fabisch, Held in Simbabwe (Foto: Simbabwe Herald)

In memoriam Reinhard Fabisch: In dieser Geschichte geht es ums Leben, um den Tod, um die Strahlkraft des Fußballs, den Wert der Freundschaft und nicht zuletzt um Vater und Sohn.

Er weiß, was er kann

Foto: stern

Vor einigen Wochen stand hier ein Hinweis zur Autobiografie von Volker Struth: Meine Spielzüge. Vom Arbeiterkind zum erfolgreichsten Spielerberater. Sie könnte auch anerkennend heißen: Von der Kohlensiedlung in die Kohlesiedlung (Copyright: Oliver Wurm).

Mein Urteil in Kürze: Große Erfolge, große Leistungen entstehen oft aus einem Gefühl des Mangels heraus. Nicht anders bei Volker Struth; in jungen Jahren fehlten ihm Geld und Anerkennung gleichermaßen. Befeuert von grenzenlosem Ehrgeiz, Lernbereitschaft, Straßentauglichkeit und intuitiver Menschenkenntnis, war der Unternehmer schon Millionär, als ihn Reiner Calmund 2007 ins Beratergeschäft redete. Struth weiß, was er kann, und er sagt das auch. Dass er 2014 mit Höwedes, Kroos und Götze drei Weltmeister beriet und heute auch Julian Nagelsmann zur Klientel gehört, ist kein Zufall. Struth arbeitet gerne mit den Besten zusammen. Auch bei seinem Buch: Als (Ghost)Writer gewann er den renommierten Sportlerbiografen Ronnie Reng, der dazu beitrug, dass ein außergewöhnliches Leben zu einer unterhaltsamen und informativen Biografie wurde. Mit manch intimem Einblick und gezielten Seitenhieben. Dass auch Struth einen Preis zahlte, gehört dazu.

Not happy: Ein Elefant geht vor Gericht

Haben Elefanten dieselben Rechte wie Menschen? Diese Frage wird vor einem Gericht in New York verhandelt, berichtet The Atlantic. Tierschützer treten für die Rechte der Elefantin Happy ein, die seit 1977 im Zoo der New Yorker Bronx lebt. Allein, was für ein extrem soziales Herdentier einer Folter gleichkommt. Happy wurde, so die New York Times,, als Baby gefangen, “wahrscheinlich in Thailand Anfang der Siebzigerjahre”, und dann für 800 Dollar in die USA verkauft. Würde Happy nun als juristische Person anerkannt, könnte sie (beziehungsweise ihre menschlichen Vertreter) einen Anspruch auf Freiheit geltend machen.

Bild links: Zehn Jahre Meditation – und dann…

Bis die Tage.

Herzliche Grüße, heute aus Bangkok,

Khun Ben