Titelbild: Frederico Balboa

Ganz Südostasien leidet seit sechs Wochen unter einer extremen Hitzewelle, die Experten als „Warnung für die Welt“ nehmen. So versuchte ich, bei meinem Aufenthalt in Bangkok muckelige 43 Grad (gefühlt noch ein paar mehr) ohne große Aktivitäten zu überstehen.

Der Fluss der Könige bei Nacht

Bangkoks Chao Praya River am Abend

Am Abend wurde es nur unwesentlich kühler. Mein Freund Frederico Balboa hatte mich eingeladen, seine Frau May am frühen Abend vorzüglich gekocht. Danach genoss ich den Blick von ihrem Balkon auf den Chao Praya River, die Thaksin-Brücke und die Hotels Shangri-La und Mandarin Oriental am anderen Ufer.

In der Nacht führten mich die Balboas (klingt nach einer seltenen südamerikanischen Spezies) ins Smalls. Eine Cocktailbar auf drei Etagen im Stadtteil Sathorn, die bei der Wahl der besten Bars Asiens 2019 auf Platz 42 landete. Für mein kleines Projekt „Buch on Tour“ hatte ich „Thailand unter der Haut“ dabei, und Chef-Mixologe Danny war so nett, die neue Station der Reise (und das Buch) festzuhalten.

Lag es am Design-Mix aus französischen, thailändischen und japanischen Elementen oder an der ungezwungenen Atmosphäre? Jedenfalls weiß ich, dass ich das Smalls wieder besuchen werde.

Aus Dannys umfangreicher Cocktailliste wählte ich den Espresso Martini, seit Kurzem mein Favorit, Ein Mix aus Wodka, Kaffeelikör, Espresso und drei Kaffeebohnen. Warum ein Martini im Namen auftaucht, weiß ich nicht. Trotz der einfachen und wenigen Zutaten schmeckt der Espresso Martini in unterschiedlichen Lokalitäten immer wieder anders. Und trifft nie wieder meinen Geschmack so perfekt wie beim ersten Mal in der Saxophone-Bar in Chiang Mai, als ich nach dem ersten Nippen Erleuchtung für möglich hielt.

Dank seiner jazzigen Livemusik ist das Smalls fester Bestandteil der Bangkoker Musikszene geworden. Ich bin kein Jazzfan, meist erscheint er mir zu verkopft. Aber es gibt Ausnahmen, zum Beispiel die Vorstellung des Alex Base Projects an diesem Abend (fürs Hinhören empfehle ich Kopfhörer).

Hotel in Bangkok: The Davis

Foto: Faszination Fernost/B. Linnhoff

Zu Beginn meines Bangkok-Trips logierte ich zwei Tage im Hotel The Davis, gelegen in der verkehrsreichen Sukhumvit Road 24. Es soll das erste Boutique-Hotel der Hauptstadt gewesen sein; der Stil der Herberge wandert eher in Richtung älteres Kongresshotel und bleibt eine schwer zu deutende Mischung aus europäischen, thailändischen und Retro-Elementen.

Foto: Homepage The Davis

Da es im Seitenflügel kein Nichtraucherzimmer mehr gab, erhielt ich ein Upgrade ins Hauptgebäude. Die Größe meines Zimmers hätte für drei Personen gereicht, die sich im schummrigen Licht allerdings selten gesehen hätten. Auf den großen Buchungsplattformen legen die jüngsten Bewertungen nahe, dass bestimmte Angebote des Hotels (Frühstück zum Beispiel) an Qualität deutlich eingebüßt haben. Mich beeindruckten die umwerfende Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit des Personals, vor allem an der Rezeption.

Fotos Faszination Fernost/B. Linnhoff

Khun Chuwit und sein einsamer Kampf

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

The Davis gehört Chuwit Kamolvisit, einem der buntesten Paradiesvögel des Landes. Sein Vermögen machte er mit Massagesalons, in denen Kunden von Masseurinnen eingeseift wurden. Später beschuldigte er die einheimische Polizei der Korruption, auch als Politiker war er schon aktiv. Sein Talent als Showman ist unbestritten.

Chuwit in jüngeren Tagen (Foto: Coconuts Bangkok)

Wie schon kurz in der letzten Ausgabe meiner „Post aus Thailand“ erwähnt, traf ich Khun Chuwit zufällig vor seinem Hotel und sprach ihn auf seine aktuellen Auftritte als Whistleblower an. In den letzten Monaten belieferte er die Polizei mit Informationen über die „grauen“ Geschäfte chinesischer Geschäftsleute in Thailand und zog gegen die einflussreiche Bumjaithai-Partei zu Felde. Die stellt mit Anutin Charnvirakulden den Gesundheitsminister, der für die Über-Nacht-Legalisierung des Cannabis-Konsums verantwortlich war. Inzwischen bestimmen die Cannabis-Läden das Straßenbild in Bangkok derart, dass erfreute Touristinnen und Touristen Bangkok als tropisches Amsterdam wahrnehmen.

Von Khun Chuwit wollte ich wissen, was er gegen Cannabis hätte. „Nichts“, sagte er, „aber es dürfte nur für medizinische Zwecke verwendet werden, nicht zum Vergnügen. Das ist schädlich für die Menschen und fürs Land.“ Mitten in unserem kurzen Austausch fragte er: „Wie heißt du eigtentlich?“ „Oh, sorry, Ben.“ „Wenn es dich interessiert“, fuhr er fort, „in zwei Tagen eröffne ich an dieser Stelle mein Anti-Cannabis-Zentrum mit einer Pressekonferenz.“

Foto Faszination Fernost/B. Linnhoff

So erschien ich zwei Tage später vor dem Start der PK und sah, wie Chuwit mit großem Ernst und ebensolcher Akribie Thesen und Argumente auf eine Tafel schrieb. Niemand fragte mich nach Presseausweis oder Akkreditierung. Ich versuchte meinerseits, niemandem im Weg zu stehen, denn das Medieninteresse war enorm. David Pfeifer, Südostasien-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, und ich waren die einzigen Westler bei der Veranstaltung. Sie dauerte anderthalb Stunden und war nie langweilig, obwohl ich kein Wort verstand.

Video: Faszination Fernost/B. Linnhoff

Zum Ende zog Chuwit in seinem neuen Zentrum von einem Standort zum anderen, die Medienschar folgte eilig. Und dann stand ich ihm doch einmal mitten im Weg. Ich wusste nicht, ob er mich wiedererkannte, zumal ich eine Maske trug. Als er auf meiner Höhe war, sagte er: „How are you, Ben?“

There`s no business like showbusiness.

Inzwischen wurde bekannt, dass die Bumjaithai-Partei Chuwit Kamsolvisit auf 100 Millionen Baht Schadenersatz verklagt hat. Begründung: Chu­wit hätte die Pop­u­lar­ität der Partei im Vor­feld der Par­la­mentswahlen untergraben.

Starbucks Suk Soi 24: Das London-Feeling

Schluss mit der Politik, Zeit für einen Kaffee um die Ecke. 20 Meter vom Anti-Cannabis-Zentrum entfernt steht ein Starbucks-Restaurant, das nicht nur Stammgäste der Café-Kette anzieht, sondern auch Fotografen und Models. „Weil es sich hier anfühlt wie in London“, sagen sie. Was eine alte Telefonzelle vor der Tür doch ausmacht…

Raphael war da: Wiedersehen über den Dächern von Bangkok

Nach fünf Jahren war er erstmals wieder in der Stadt, unser Freund Raphael L`Hoest. Vor einer Dekade arbeitete er einige Jahre für die deutsche Botschaft und spielte Fußball bei den German All Stars Bangkok.

Beim Wiedersehen in Fahris Penthaus (45. Stock) stellten alle Teilnehmer fest, dass persönliche Begegnungen jeden Vergleich mit Zoom-Meetings gewinnen, bei denen es weder kaltes Singha-Bier gibt noch das typisch thailändische Arrangement von Kartoffelsalat, Nudeln, Roulade und Schweinschnitzel (gesponsert von Hartwig Schüler).

Im Foto: Raphael (rechts) und Hartwig.

Nach einer Woche flog Raphael zurück nach Berlin, wo er nun lebt und arbeitet. Seine Freunde in Bangkok sagen: Das muss jeder Spieler selber wissen.

Überschriften, die mir auffielen

210 Mio. Baht Strafe für herabfallenden Autobahnträger (Wochenblitz)

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A nonprofit group has counted more than 200 mas shootings in the U.S. this year (New York Times)