Ausgabe 3: Ein Bild fürs Leben – Andy Christe über Bangkoks Nachtleben – Neue Galerie in Chiang Mai – Die Saudis in Newcastle
Liebe Freunde, WeggefährtInnen und Südostasien-Fans!
wenn man die Grenzen nicht zu eng zieht, dann passen Elefanten, Corona, Bangkoks Nachtleben, Kunst, saudi-arabische Einkäufer und ein Lifestyle-Magazin durchaus in ein und denselben Newsletter. Denn das Leben ist eine Wundertüte.

Der Elefantenmann
„Nur für dieses eine Bild lohnt sich ein/mein ganzes Leben!“ hat Bodo Jens Förster zum berührendsten Bild der Woche geschrieben. Und wer es anschaut, sagt: Verstehe.
Covid-News der Woche
Heute verzeichneten wir 10,064 neue Covid-Infektionen. Die Erklärung von Premierminister Prayut Chan-o-cha, ab 1. November vollständig Geimpfte aus zehn Ländern (darunter Deutschland) ohne Quarantäne einreisen zu lassen, hat im Königreich gemischte Reaktionen ausgelöst. Einige Medizinier malen wieder die Apokalypse an die Wand, einen neuen Massenausbruch von Infektionen. Im Moment ist es sicherlich so, dass neue COVID-19-Infektionen und Todesfälle weiterhin hoch sind, während die Impfraten niedrig bleiben.
Ein kluger Artikel aus dem Wochenblitz (Quelle: Enquirer) enthält die letztlich schlüssige Folgerung: Thailand und die Welt werden mit dem Virus leben müssen.
Gedenktag der Woche
Der heutige Feiertag ist auch ein Volkstrauertag. Ganz Thailand gedenkt des verehrten Königs Bhumibol Adulyadej. Er starb heute vor fünf Jahren; es war der Tag, an dem das Land des Lächelns weinte.
Interview der Woche

Vor ein paar Tagen habe ich mich in Bangkok mit dem Gastronomen Andy Christe unterhalten und daraus nun ein Interview geschnitzt, das die Situation der Restaurants und Bars in Bangkok aus seiner Sicht beschreibt. Vor allem für Go-Go-Bars sieht er schwarz.
Die Galerie der Woche…

…steht in Chiang Mai und heißt Suvannabhumi Head High Gallery, geführt von drei Partnern. Einer von ihnen ist Reini Kress. Er verkaufte seine Kinderarztpraxis in Berlin und erfüllt sich nun den Traum, aktiv in junge Kunst einzutauchen. Die erste Ausstellung heißt Hope Land und zeigt Werke des thailändischen Künstlers Baphoboy, die am Eröffnungstag bereits viele Abnehmer fanden. Baphoboy ist ein verdammt mutiger junger Mann, der thailändische Tabus in die Mitte seines Wirkens stellt (Bild links: Thailands Institutionen lasen die Kinder im Regen stehen). Mehr über Baphoboy, Reini Kress und seine Partner in den nächsten Wochen.
Spruch der Woche
Der Journalist Bruno Maçães zitiert auf der Plattform NOEMA Ram Madhav, den Generalsekretär der regierenden Bharatiya Janata Partei Indiens: „Von jetzt an wird Asien die Welt regieren, und das wird alles ändern. Denn in Asien haben wir Zivilisationen und nicht Nationen.” Eine Auffassung, die auch chinesische Politiker hinter vorgehaltener Hand gerne teilen.
Zivilisationen und nicht Nationen also. Ich denke an Chinas Umgang mit den Uiguren, an den brutalen Coup des burmesischen Militärs, an Nordkorea, die Taliban in Afghanistan, an Assad in Syrien, an die Behandlung von Gastarbeitern in Katar etc. etc. Sollten das die Bannerträger der Zivilisation sein, liegt mir das Konzept Nation doch näher.
Und ich denke an die Todesstrafe in Saudi-Arabien, womit wir in der englischen Premier League landen und beim
Kauf der Woche
Der Saudi Arabia’s Public Investment Fund (PIF) hat Newcastle United gekauft, für 359 Millionen Euro. Ein neuer Investorlöwe am Wasserloch der Premier League. Angesichts all der Umstände haben mich zwei Dinge gewundert. Erstens, dass die 19 anderen Klubs eine Notstandssitzung einberufen wollten, weil ihnen der neue Mitspieler nicht passt. Martin Schneider dazu in der SZ: „Wie soll man sich das vorstellen? Protestiert dann der Eigentümer von Manchester City aus Abu Dhabi, einem Emirat, dem Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, aus moralischen Gründen gegen eine Übernahme durch eine absolute Monarchie, der Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden?“
Zweitens, und da zitiere ich Tommi Schmitt in 11Freunde: „Als die sagen wir mal zwielichtigen Investoren vorgestellt wurden und vor allem jüngere Fans diese Tatsache vor der Geschäftsstelle abfeierten, als wäre gerade Michael Jackson gelandet, da habe ich mir an den Kopf gepackt und die Welt nicht mehr verstanden. Das ist doch absurd: Knochensäge, Menschenrechte, alles egal: Newcastle spielt wieder oben mit! Dann cheaten wir eben!“
Im Vergleich zu mir ist Schmitt ein junger Hüpfer, aber auch er kommt sich schon alt vor angesichts der Entwicklung im Fußball, wie er in einem sehr lesenswerten Interview begründet.
Newcastles neuer Eigentümer will nun zwei Klubikonen einbinden: Ex-Torjäger Alan Shearer und Ex-Trainer Kevin Keegan. Mal schauen, ob die beiden Legenden genauso begeistert mitmachen wie die Fans der Magpies (Elstern), wie der Verein wegen seiner schwarz-weiß gestreiften Trikots genannt wird.
Der Kampf der Woche…
…dreht sich ums Sorgerecht. Die New York Times berichtet, dass immer mehr Elternteile in China ihre eigenen Kinder entführen und verstecken, um bei einer Trennung das alleinige Sorgerecht zu bekommen. Allein 2019 seien nach Schätzungen von Experten 90000 Kinder verschwunden, die Dunkelziffer nicht eingerechnet. Mit der steigenden Scheidungsquote wuchs die Zahl der Entführungen. 60 Prozent der Entführer seien Männer, hauptsächlich betroffen seien Söhne unter sechs Jahren, die traditionell den Familiennamen weitertragen sollen. Einige Entführungen sind eingebunden in Fälle von häuslicher Gewalt, von der eine von drei Familien betroffen sind.
Fundstück der Woche
Fashion victim war ich nie. Oder nur selten. Gleichwohl war mir nie egal, was ich anzog (das ist mir erst so richtig aufgefallen, als ich eine Besprechung zu Elke Heidenreichs Buch „Männer in Kamelhaarmänteln“ las. Woraufhin ich mir das sehr unterhaltsame Buch gekauft habe, in dem man auch viel über die Autorin erfährt). Im Leben der meisten Menschen, unabhängig von Alter oder sozialer Schicht, ist Mode eine aussagekräftige Form der Kommunikation: Sie zeigt, wer wir sind oder gerne wären.
Nun habe ich entdeckt, wie sich junge Modemedien präsentieren, verglichen mit den alten Platzhirschkühen wie Vogue oder Madame. Nehmen wir 032c. Keine Ahnung, was das Kürzel bedeutet, aber die Homepage finde ich ziemlich aufregend, inhaltlich und visuell. Anna Wintour kann sich warm anziehen, es wird Herbst.
Eher nebenbei habe ich in einer 032c-Story über Lee „Scratch“ Perry erfahren, dass Reggae von der UNESCO 2018 zum Weltkulturerbe befördert wurde. Und dass es Ralph Lauren in die eSport-Arena zieht.
Der Müll der Woche
Schon seit Jahren schaffen Wohlstandsnationen aus Nordamerika, Europa, Japan oder Korea ihren Wohlstandsmüll per Schiff in ärmere Länder und bezahlen dafür. Südostasien stellt beliebte Abnehmer. Nun hat China einen Bann über Müllimporte verhängt, was den Dreck zusätzlich in Länder wie Indonesien oder Malaysia schwemmen könnte. Das wunderschöne Malaysia, eine immer noch unterschätzte Reisedestinationen, importiert etwa 750 000 Tonnen Plastikabfall jährlich, was in einigen Regionen zu einer massiven Steigerung der Verschmutzung von Land, Wasser und Luft und zum Bau illegaler Recyclinganlagen geführt hat.
Die Korrektur der Woche
Lagerbildung ist Teil der Identitätsfindung Heranwachsender. In meiner Jugend musste man sich zwischen den braven Beatles und den schmutzigen Stones entscheiden, wenn man zum Thema Musik ernstgenommen werden wollte. Ich mochte die Musik beider Bands und war raus. Heute ist das Freund-Feind-Denken ertragsreiches Geschäftsmodell der sozialen Medien, besiegelt und bestätigt durch die Kommentare der Nutzer. Darf man daraus schließen, dass bei manchen die Pubertät nie endet?
Auf die Beatles kam ich durch eine Geschichte im Spiegel, der wiederum Paul MCCartney aus einem Gespräch mit der BBC zitiert. Seit 51 Jahren gilt es als verbrieft, McCartney habe den Bruch der Beatles 1970 herbeigeführt. Aber nun sagt Paul: „Das war unser Johnny…“
Auktion der Woche
In Sacramento, Kalifornien kamen diverse Stücke von Al Capone unter den Hammer. Enkelin Diane Capone erklärte, sie wolle auch die menschliche Seite ihres Opas zeigen. Unter den Stücken befanden sich private Fotos, eine Platinuhr mit Diamanten von Patek Philippe und Schusswaffen.
Beobachtung der Woche
Von den aktuellen Überschwemmungen in Thailand sind hundertausende Haushalte betroffen. Die größte Stärke der Thais ist nicht, ständig zu lächeln, sondern aus jeder Lage das Beste machen. Sie haben einfach kein Talent zum Verkümmern, um einmal André Heller zu paraphrasieren.
Herzliche Grüße aus Chiang Mai,
Khun Ben